GRIECHENLAND UNTER RÖMISCHER HERRSCHAFT


von Jasmin M. Widauer


Inhalt

Allgemeines und Quellen / Römische Aktivität im Bereich Griechenlands / Die Einrichtung von Provinzen / Literatur




1. Allgemeines und Quellen

Dieser Artikel befasst sich mit dem römisch beherrschten Griechenland und damit ca. mit der Zeit ab den Makedonischen Kriegen ab 215 v. Chr. bis etwa zur Teilung des imperium romanum im Jahr 395 n. Chr..
Zu dieser Epoche stehen viele griechische und römische Autoren zur Verfügung, die Informationen über diesen historischen Zeitabschnitt bieten. Hauptquellen dazu sind vor allem der griechische Geschichtsschreiber Polybios und der römische Historiker Livius, aber auch viele andere Autoren wie Diodor, Cassius Dio, Plinius, Pausanias, Plutarch, Strabon, Florus und Iustin.
Polybios (Lebenszeit um 200 bis ca. 120 v. Chr.) war als Militär im Achaierbund (Hipparch) und als eine der 1000 Geiseln, die der Achaierb und nach dem römischen Sieg im Dritten Makedonischen Krieg stellen musste, ein Zeitzeuge der von ihm geschilderten Ereignisse. Er war in Rom mit den römischen Feldherren Lucius Aemilius Paullus und Scipio Africanus minor befreundet, und erlebte unter anderem die Zerstörung Karthagos 146.
Er verfasste ein Geschichtswerk Historiai, eine Geschichte Roms vom
Ersten Punischen Krieg bis zur Zerstörung Korinths und Karthagos im Jahr 146, worin er Ereigniserzählung, das Beleuchten von Hintergründen und Reflektionen über das Schreiben von Geschichte verbindet.
Livius (ca. 59 v. bis 17 n. Chr.) stammte aus Padua, und verfasste ein riesiges, insgesamt 142 umfassendes Werk Ad urbe condita, von dem nur die Bücher 1 bis 10 sowie 21 bis 45 vollständig erhalten sind, von den verlorenen Büchern existieren z.T. Auszüge und Fragmente.
In den erhaltenen Büchern 21 bis 45 behandelt er die Geschehnisse um den Zweiten Punischen Krieg sowie um die Makedonischen Kriege, und ist somit eine wesentliche Quelle für die schrittweise Ausdehnung der römischen Macht in den östlichen Mittelmeerraum.


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2. Römische Aktivität im Bereich Griechenlands, Makedoniens und Kleinasiens bis 146

a) Die politische Situation Roms im dritten Jhd. v. Chr.

Rom beherrschte im dritten Jhd. v. Chr. die ganze italische Halbinsel, was einen engen Kontakt zu den griechischen Städten in Unteritalien und Sizilien bedingte.
282 kam es zu einem Konflikt mit der griechischen Stadt Tarent, und in dessen Folge zur Auseinandersetzung mit König Phyrros von Epirus, die trotz der Siege, die Phyrros bei Heraklea am Siris, Ausculum und Benevent über die Römer errang, erfolgreich für die Römer endete, wobei Phyrros 272 nach Epirus zurückkehren musste.
264 brach der
Erste Punische Krieg aus, als die Römer auf Betreiben der Mamertiner, einer Söldnertruppe, die Messina besetzt hielt und wegen ihrer Niederlage gegen Hieron II die Karthager gerufen hatten, gegen die karthagische Besatzung in Messina vorgingen.
Nach der letzten Schlacht bei den Ägatischen Inseln 241 kam es zum sogenannten Lutatiusfrieden (C. Lutatius Catulus war der Sieger der Seeschlacht bei den Ägatischen Inseln), der den Karthagern harte Bedingungen diktierte, so u.a. hohe Geldzahlungen und die Räumung Siziliens. Rom annektierte 237 Sardinien nach einem Aufstand karthagischer Söldner, unternahm 229/8 Feldzüge nach Illyrien und expandierte nach Oberitalien (225-222, Eroberung von Mailand) gegen die Kelten.
226 kam es zum sogenannten Ebro-Vertrag mit den Karthagern unter Hamilkar Barkas in Spanien, der den Fluss Ebro als Grenzlinie zwischen karthagischem und römischem Interessensgebiet festsetzte.
220 zerstörte Hannibal das mit Rom verbündete Sagunt, was zur Kriegserklärung Roms und damit zum Zweiten Punischen Krieg führte. Hannibal überquerte die Alpen, und nach einigen Niederlagen, so z.B. am Trasimenischen See oder in Cannae konnten die Römer den Krieg durch die Schlacht bei Zama in Nordafrika, wo Scipio Africanus Maior Hannibal im Jahr 202 schlug, beenden und die Macht Karthagos endgültig brechen.

b) Die politische Situation Griechenlands im dritten Jhd. v. Chr.

Nach dem Tod Alexanders 323 folgten langwierige Auseinandersetzungen um seine Nachfolge, die sogenannten Diadochenkriege, in deren Verlauf das Gebiet des ehemaligen Alexanderreiches unter verschiedenen Machthabern aufgeteilt wurde, zwischen denen sich die Auseinandersetzungen weiter fortsetzten.
In Makedonien konnte sich 276 Antigonos Gonatas, Sohn des Demetrios Poliorketes (und damit Enkel des Alexanderfeldherrn Antigonos Monophthalmos) als König etablieren; er übte auch indirekt Macht über Griechenland aus, indem er Tyrannenherrschaften stützte, was durch vier makedonische Festungen auf griechischem Gebiet ermöglicht wurde; er besiegte auch König Phyrros von Epirus, der 272 fiel.
In Griechenland gab es gegen die Einflussnahme des makedonischen Königs mehrere Aufstandsbewegungen, u.a. der koina (Staatenbünde) der Aitoler und der Achaier.
König Antigonos der III Doson verbündete 225 sich mit dem Achaierbund unter Aratos von Sikyon gegen eine Allianz von Aitolerbund und Sparta unter König Kleomenes dem III, der vernichtend geschlagen wurde. Nach dem Tod Antigonos des III Doson 221 kam in Makedonien Philipp der V an die Macht, der nach verschiedenen Auseinandersetzungen u.a. mit dem Aitolerbund nach den römischen Niederlagen am Trasimenischen See und in Cannae (217 bzw. 216) im Zweiten Punischen Krieg ein Bündnis mit Hannibal einging, um seine Ansprüche auf Illyrien zu sichern.

c) Die Makedonischen Kriege und die folgenden Aufstände

Erster Makedonischer Krieg (215 - 205)

Das Bündnis Philipp des V von Makedonien mit Hannibal führte nach der Wende im Zweiten Punischen Krieg zugunsten Roms dazu, dass Rom 215 Illyrien besetzte und 212/11 eine Allianz mit dem Aitolerbund, Sparta, Elis und Pergamon schloss. Es kam zu Auseinandersetzungen in Illyrien und Griechenland ohne Truppenbeteiligung der Römer, die keinen eindeutigen Sieger hervorbrachten, und die mit den Friedensschlüssen 206 und 205, zuerst der Aitoler und schließlich der Römer (im sogenannten Frieden von Phoinike), mit Makedonien endeten.

Zweiter Makedonischer Krieg (200-197)

Durch Philipps neue Expansionsbestrebungen Richtung Thrakien und Ägäis geriet er unter anderem in Konflikt mit Pergamon und Rhodos, die gegen die makedonische Einflussnahme in ihrem Interessensgebiet der ägäischen Inseln die Römer um Unterstützung baten. Das genaue Motiv der Römer für den Kriegseintritt sind unklar, aber ab 200 v. Chr. kam es zu Kriegshandlungen.
Der römische Feldherr Titus Quinctius Flaminius errang den entscheidenden Erfolg am Aoosfluß bei Antigoneia und erreichte den Wechsel des Achaiischen Bundes auf die römische Seite (wobei der Aitolerbund sich schon 199 dem antimakedonischen Bündnis angeschlossen hatte). Es kam zu Friedensverhandlungen, die erfolglos blieben und schließlich im Jahr 197 zur Schlacht von Kynoskephalai, die die Römer für sich entschieden. Philipp musste auf alle griechischen Besitzungen verzichten, bis auf sechs alle Schiffe ausliefern und tausend Talente Kriegsentschädigung zahlen. Im Jahr 196 proklamierte Flaminius bei den Isthmischen Spielen die Freiheit der griechischen poleis, womit er sich in eine seit dem vierten Jhd. bestehende Tradition in der Ideologie stellte.
Die Proklamation bedeutete, dass die Kultur und die Eigenständigkeit der griechischen Städte erhalten bleiben sollten, allerdings ist das nicht als politische Zusage zu werten, sondern nur als ideologisches Konzept. Allerdings kamen die Römer durch diese Zusage in ein Spannungsfeld zwischen ideologischer Proklamation und der Intention, hegemoniale Ansprüche in Griechenland aufzubauen.
Rom fungierte nach dem Zweiten Makedonischen Krieg in Griechenland quasi als Schlichter in innergriechischen wie zwischenstaatlichen Angelegenheiten, was natürlich innerhalb Griechenlands auch zu Unzufriedenheit führte.

Dritter Makedonischer Krieg

In Makedonien kam inzwischen mit König Perseus der Nachfolger Philipps an die Macht, der ein Bündnis mit Thessalien, Boiotien und Aitolien schloss, worauf die Römer ohne direkten rechtlichen Grund wieder eine Kriegserklärung an Makedonien leisteten.
Nach anfänglichen Misserfolgen schlug der römische Feldherr Lucius Aemilius Paullus am 22. Juni 168 in der Schlacht bei Pydna die Makedonen vernichtend. Daraufhin wurde in Makedonien die Monarchie beseitigt und Rom teilte das Staatsgebiet in vier Teilbezirke (merídes) mit den Hauptorten Amphipolis, Thessalonike, Pella und Pelagonia ein.
Die vier republikanisch organisierten Staatswesen wurden Einschränkungen wirtschaftlicher Natur, u.a. in der Nutzung von Ressourcen wie Edelmetallminen und Schiffsbauholz, sowie politische Einschränkungen, die einen Kontakt untereinander verboten, auferlegt.
Weiter erklärte Rom die Insel Delos zum Freihafen, wodurch das bisher wirtschaftlich starke Rhodos seine Vormachtstellung einbüßte, zumal Rom der Insel auch ihre Festlandbesitzungen nahm.
Der Achaiische Bund, der sich im Dritten Makedonischen Krieg neutral verhalten hatte, wenn es auch anfänglich mit dem makedonischen König Perseus sympathisiert hatte, musste wegen seiner nicht eindeutig prorömischen Haltung Geiseln stellen, darunter war auch der spätere Schriftsteller Polybios. Trotz dieser Maßnahmen kam es noch nicht zu direkten Annexionen Roms in griechischem Gebiet.

Andriskosaufstand (150 - 148)

Durch die römischen Maßnahmen nach den Makedonischen Kriegen (wie die Teilung des Landes und Einschränkungen in der politische Souveränität und Handlungsfähigkeit) entstand in Makedonien eine antirömische Aufstandsbewegung unter Andriskos, einem angeblichen Sohn des von den Römern besiegten Königs Perseus.
Der Aufstand begann 150 und wurde 148 von Quintus Caecilius Metellus niedergeschlagen, was zur Folge hatte, dass Makedonien zur römischen Provinz Macedonia erklärt wurde, die vier Teilgebiete blieben als Gerichtsbezirke erhalten.

Aufstand des Achaiischen Bundes

Mehr oder weniger zeitgleich mit dem Andriskosaufstand formierte sich auch eine romfeindliche Strömung im Achaierbund, der zwischen 191 und 146 bis zu sechzig poleis umfasste und mit internen Spannungen zwischen den Reichen, die eher prorömisch gesinnt waren, und den Ärmeren, die den Widerstand gegen römischen Einfluss trugen, zu kämpfen hatten.
Dieser Aufstand endete mit der Zerstörung der Stadt Korinth, denn Korinth hatte sich nach dem Zweiten Makedonischen Krieg dem Achaierbund angeschlossen und bildete beim Aufstand das letzte Widerstandszentrum.
Der römische Feldherr Lucius Mummius zerstörte die Stadt 146 in einer Strafaktion, die Bevölkerung wurde ermordet oder in die Sklaverei verkauft, das Gebiet der Stadt z.T. Sikyon übergeben, hauptsächlich aber in römischen ager publicus (Land in staatlichem Besitz, das verpachtet werden konnte, und dessen Einkünfte in die öffentlichen Einnahmen flossen) umgewandelt.
Dennoch bleibt es unklar, ob die Stadt als solches vollkommen aufgegeben wurde; sie wurde jedenfalls im Jahr 44 v. Chr. von Caius Iulius Caesar wieder aufgebaut oder neugegründet.

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3. Die Einrichtung von Provinzen im Raum Makedoniens, Kleinasiens und Griechenlands

a) Makedonien

Nach dem Dritten Makedonischen Krieg und den Aufständen des Andriskos bzw. des Achaierbundes wurde Makedonien im Jahr 148 v. Chr. zur Provinz Macedonia gemacht, zu der auch Teile Südillyriens hinzugeschlagen wurden.
Das überaus große Gebiet wurde von der neuerrichteten via Egnatia erschlossen, die von den Häfen an der Adria, Apollonia und Epidamnos bzw. Dyrrhachium bis nach Thessalonike, wo der römische Statthaltersitz lag, führte; später wurde die Straße bis nach Byzantion (Byzanz, später Konstantinopel) weitergeführt.
Die Grenzprovinz Macedonia war Kriegsschauplatz in den römischen Bürgerkriegen; sowohl der Kampf Pompeius gegen Caesar, als auch die Auseinandersetzung der Caesarmörder auf der einen Seite und Marcus Antonius und Octavians auf der anderen Seite wurden z.T. auf makedonischem Gebiet ausgetragen, konkret die Schlachten bei Pharsalos 48 v. und bei Philippoi 42 v. Chr..
Durch die Einrichtung einer neuen Grenzprovinz Moesia und die Verlagerung des militärischen Interesses an die Donau unter Augustus verlor Makedonien an Bedeutung, und wurde zur senatorischen Provinz (d.h. auch ohne Militärpräsenz) umgewandelt.
Nach der Reform des Diokletian und seiner Nachfolger bis Constantinus I wurde Makedonien ein Teil der dioecese Moesiae, die außerdem noch Thessalien, Achaia, die Epiri duae, Praeralis und Creta umfasste; auch noch unter byzantinischer Herrschaft kam es immer wieder zu verwaltungsmäßigen Teilungen.

b) Kleinasien und Pergamon

Die Geschichte Pergamons und Pergamons Verhältnis zu Rom

Schon Ende des dritten, Anfang des vierten Jahrhunderts vor Christus war Pergamon als Teil des Seleukidenreiches relativ autonom und unter König Eumenes der I erfolgten erste Gebietserweiterungen in Kleinasien.
König Attalos der I siegte über die Galater und erweiterte das Reichsgebiet von Pergamon auf Kosten der seleukidischen Besitzungen in Richtung Taurusgebirge; von seinem Namen stammt die Bezeichnung Attalidenreich (Attaliden als Nachkommen des Attalos).
Somit war Pergamon nicht nur kulturell und wirtschaftlich ein wichtiges Zentrum, sondern beherrschte auch ein außerordentlich großes Territorium. Die in Pergamon herrschenden Attaliden standen im Ersten und Zweiten Makedonischen Krieg auf Seiten der Römer und verhielten sich im Dritten neutral; das beweist jedenfalls, dass Kooperation mit den Römern gesucht wurde, obwohl die eigene Position eigentlich stark und gesichert war.
Die traditionell romfreundliche Haltung gipfelte darin, dass der letzte pergamenische König, Attalos der III (Regierungszeit 138 - 133), der ohne legitime Nachkommen starb, sein Reich den Römern per Testament vererbte.

Der Aufstand des Aristonikos und die Umwandlung zur Provinz

Dieses Vorgehen Attalos des III führte im Gebiet des ehemaligen pergamenischen Reiches zum Entstehen einer Widerstandsbewegung, die sich im Aufstand des Aristonikos niederschlug.
Aristonikos war eventuell ein illegitimer Sohn Attalos des III (es gibt eine andere Meinung, er sei ein illegitimer Bruder des Königs gewesen), der 133 den dynastischen Namen Eumenes III annahm und Anspruch auf die Nachfolge Attalos des III erhob.
Allerdings setzten ihm die meisten griechischen Städte, so auch Pergamon selbst und Ephesos, ihrerseits Widerstand entgegen, so kam es z.B. bei Kyme zu einer Seeschlacht; er stützte seine Unternehmungen eher auf die z.T. nichtgriechische Landbevölkerung und auf die soziale Schicht der Freigelassenen und Sklaven, die seinen Anspruch anerkannten.
Dabei berief er sich auf deren schlechte finanzielle und soziale Stellung und versprach wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit, man kann also von einem sozialrevolutionären Aspekt dieser Aufstandsbewegung sprechen. Die Römer griffen 131 ein und erlitten 130 bei der Schlacht von Leukai eine schwere Niederlage, u.a. wurde der Befehlshaber des römischen Heeres, der Konsul P. Licinius Crassus, gefangen und getötet.
Erst seinem Nachfolger M. Perperna gelang es, das Heer des Aristonikos bei Stratonikeia am Kaikos zur Kapitulation zu zwingen, woraufhin Aristonikos nach Rom überstellt und getötet wurde.
Die endgültige Niederschlagung der Revolte erfolgte 129 durch Marcus Aquilius, im selben Jahr wurde das ehemalige Reich von Pergamon endgültig zur römischen Provinz Asia umgewandelt.
Provinzhauptstadt wurde Ephesos, das während des Aufstandes romtreu geblieben war, und im Laufe der römischen Herrschaft immer mehr an Bedeutung gewann.
Die neue Provinz wurde von Rom finanziell ausgebeutet, so wurden z.B. die Abgaben aus der Landwirtschaft und von Zöllen durch publicani, d.h. Steuerpächter eingetrieben, was zu Spannungen führte.

Die Mithradatischen Kriege

Um das Jahr 90 v. Chr. kam es zum ersten Krieg zwischen Rom und dem König Mithradates VI von Pontos (deshalb der sogenannte Erste Mithradatische Krieg), in dessen Verlauf Mithridates ganz Kleinasien eroberte, das er 89/88 vollständig kontrollierte. Zur Sicherung seiner Macht gab König Mithradates im Frühjahr 88 den Befehl, die in Ephesos ansässigen 80 000 Italiker umzubringen, um durch dieses Massaker die kleinasiatischen Griechenstädte enger an sich zu binden.
Im Herbst desselben Jahre richtete sich seine Aufmerksamkeit auf das Kernland der Griechen, er entsandte zwei Heere, die von Sparta und Thespiai positiv empfangen wurden und in Athen wurde eine dem Mithridates treue politische Führung eingerichtet.
Im nächsten Jahr, 87, landete Cornelius Sulla in Epeiros und zog gegen Athen, das er am 1. März 86 eroberte; zusätzlich vernichteten die Römer pontische Heere bei Chaironeia und Orchomenos.
Nach diesen Erfolgen kämpfte Sulla (der zu diesem Zeitpunkt in Rom als hostis publicus d.h. als Staatsfeind galt) in Kleinasien gegen Mithridates und erreichte schließlich einen Friedensschluss, der Mithradates' Herrschaft auf Pontos beschränkte und den pontischen König zur Abgabe von Schiffen sowie zur Auslieferung aller römischen Gefangener und Überläufer zwang. König Mithradates geriet noch zweimal in Kriegshandlungen gegen Rom (im Zweiten und Dritten Mithradatischen Krieg), allerdings waren die Kriegsschauplätze vor allem Pontos selbst und Armenien, und betreffen somit nur indirekt das römische Griechenland.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass Sulla Asia in 44 Steuerbezirke einteilte und Lucullus und Pompeius den Frieden durch Maßnahmen gegen Mithradates den VI und gegen das Piratenunwesen im Mittelmeer absicherten. Ab Augustus gestaltete sich die Provinzverwaltung folgendermaßen: Ein proconsul übte, von drei legati und einem quaestor, der sich um die öffentlichen Finanzen kümmerte, unterstützt, das oberste Amt aus, das v.a. die Ausübung der Gerichtsbarkeit umfasste (in der Kaiserzeit existierten in der Provinz Asia 13 conventus d.h. Gerichtsbezirke, in deren Hauptorten die Rechtssprechung durchgeführt wurde).
Ein politisches Gegengewicht zu diesen römischen Verwaltungsbeamten bildete das einheimische koinon, d.h. die griechische Elite der Provinz. Bald darauf wurde auch von Rom aus ein Gegengewicht zu den Prokonsuln geschaffen, indem die staatlichen Einkünfte in Asia von procuratoren verwaltet wurden.
Unter Augustus begann besonders in Asia der Kaiserkult, der sich in der ganzen Provinz schnell ausbreitete. Eine Stadt mit einem überregional bedeutsamen Heiligtum für den Kaiser durfte den Titel Neokoros tragen, was als eine besondere Gunst des Kaisers und somit als Prestigeangelegenheit galt; das bildete einen realen Anreiz für die Städte in Asia und führte zu Tempelbauten u.a. in Ephesos und Pergamon, wobei der Titel Neokoros sowohl inschriftlich wie auf Münzen bezeugt ist.
Aus der Provinz Asia wurde im Jahr 250 n. Chr. eine Provinz Phrygia-Caria errichtet, die unter der Verwaltung eines legatus Augusti pro praetore gestellt wurde; die Aufsplitterung setzte sich unter Diokletian und seinen Nachfolgern so stark fort, dass in den Jahren 310 bis 315 sieben neue Gebiete aus der ehemaligen Provinz Asia entstanden waren, nämlich Phrygia prima, Phrygia secunda, Asia, Lydia, Caria, Insulae, Hellespontus; zusammen mit Lycia-Pamphylia und Pisidia wurden sie zur dioecesis Asiana zusammengefasst. Wie auch Makedonien und Griechenland selbst kam dieses Gebiet schlussendlich unter oströmischen Einfluss.

c) Das Kerngebiet Griechenlands nach 146 und die römische Provinz Achaia

Nach der Zerstörung Korinths im Jahr 146 durch Lucius Mummius im Zuge der Niederschlagung des Aufstandes des Achaierbundes blieb der Achaierbund nur mehr als sakrales koinón bestehen; die politisch-staatlichen Strukturen wurden aufgelöst, wie auch bei den boiotischen, phokischen und ostlokrischen koina, die Teil der Provinz Macedonia gewesen waren. Eine Ausnahme bildete Sparta, das innerhalb der römischen Provinz eine freie Stadt blieb.
Am 13. Januar 27 v. Chr. erfolgte in einer Sitzung des römischen Senats die Gründung der Provinz Achaia. Diese Provinz umfasste Mittelgriechenland und den Peloponnes, die ionischen Inseln, Aitolien, Thessalien, die Sporadeninseln, Teile der Kykladen und Euboia. Dieses Gebiet unterstand dem Senat und wurde von einem proconsul pro praetore verwaltet; die kaiserlichen Interessen wurden von einem legatus Augusti pro praetore, einem quaestor und verschiedenen procuratores gewahrt.
Außerhalb dieser Verwaltungsstruktur standen einzelne Städte, so z.B. Athen und Sparta, aber auch römische Kolonien wie Nikopolis, Dyme, Patrai und Buthroton.
Ab dem zweiten Jhd. nach Chr. bis Diokletian wurden diese ursprünglich freien Städte immer stärker von correctores kontrolliert, d.h. durch kaiserliche Beauftragte, ansonsten waren in Griechenland nur die Steinbrüche auf Euboia und Paros in kaiserlichem Besitz.
Auch unter römischer Herrschaft gab es noch Staatenbünde, die ein wesentliches Merkmal griechischer Politik in autonomen Zeiten dargestellt hatten, aber sie besaßen keine politischen Funktionen mehr.
Ein Beispiel dafür ist der Panachaiische Bund unter der Führung eines Hellarchen und eines Archiereus, der für den Kaiserkult verantwortlich war; daneben existierten aber auch noch viele andere, so z.B. der Rest des Achaierbundes oder die Bünde der Boioter, der Thessalier, der Dorer oder der Lokrer.
Kaiser
Nero proklamierte bei den Isthmischen Spielem im November 67 wieder die Freiheit der Griechen, aber diese Maßnahme wurde schon Vespasian 70 oder 74 n. Chr. wieder aufgehoben.
Unter Hadrian und Antoninus Pius wurden Gebiete der Provinz Achaia z. T. eigenständig (als eigene prokonsularisch verwaltete Provinz), z. T. zur Provinz Macedonia hinzugefügt; Diokletian schlug die Kykladeninseln zur provincia insularum.
Nach der Teilung des römischen Reiches gehörte Achaia sehr kurzfristig zum Westteil des Reiches, aber noch im selben Jahr 395 kamen die Gebiete Achaias fix zum griechischsprachigen Ostteil.

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4. Literatur

Verwendete Literatur

Bengtson, Hermann: Geschichte der Alten Welt, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main, 1989

Cancik, Hubert und Schneider, Helmuth (Hrsg.): Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Verlag J. B. Metzler, Stuttgart, Weimar 1996

Institut für Alte Geschichte Innsbruck: Studienbuch zur Politischen Geschichte des Altertums, Österreichischer Studienverlag, Innsbruck, Wien 1994

Riemer, Peter, Weißenberger, Michael, Zimmermann, Bernhard: Einführung in das Studium der Latinistik; Verlag C. H. Beck, München 1998

Weiler, Ingomar (Hrsg.): Grundzüge der politischen Geschichte des Altertums, Böhlau Verlag, Wien, Köln 1990


Weiterführende Literatur

Bernhardt, Rainer: Polis und römische Herrschaft in der späten Republik (149 - 31 v. Chr.), Berlin, 1985

Deininger, Jürgen: Der politische Widerstand gegen Rom in Griechenland (217 - 86 v. Chr.), Berlin, New York, 1971

Nottmeyer, Harald: Polybios und das Ende des Achaierbundes: Untersuchungen zu den römisch-achaiischen Beziehungen, ausgehend von der Mission des Kallikrates bis zur Zerstörung Korinths, München 1995

Pape, Magrit: Griechische Kunstwerke aus Kriegsbeute und ihre öffentliche Aufstellung in Rom: von der Eroberung von Syrakus bis in augusteische Zeit, Hamburg, 1975

Pohl, Hartel: Die römische Politik und die Piraterie im östlichen Mittelmeer vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr., Berlin, 1993

Touloumakos, Johannes: Der Einfluss Roms auf die Staatsform der griechischen Stadtstaaten des Festlandes und der Inseln im ersten und zweiten Jhdt. v. Chr., Göttingen, 1967

Warrior, Valerie M.: The initiation of the second Macedonian war: an explication of Livy book 31, Stuttgart, 1996

Weiler, Ingomar (Hrsg.) Grundzüge der politischen Geschichte des Altertums, Wien, 1990


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Text: Jasmin M. Widauer
Digitale Bearbeitung, Webdesign, Layout und Redaktion : Ingo Henneberg