Panzer / Lorica



Die Rüstung stellte im römischen Heer einen wichtigen Bestandteil der Ausrüstung eines jeden Legionärs da. Sie diente im Kampf dazu, die lebenswichtigsten Körperregionen vor Schnittverletzungen und Stichen zu schützen, die besonders lebensbedrohlich waren, angesichts der wenig hygienischen Verhältnisse. Natürlich war eine Rüstung nicht der Ersatz für gute Deckungs- und Kampftechnik, sondern sollte nur als zusätzlicher Schutz wirken. Des Weiteren schützten die Panzerformen der römischen Legionen weder die Beine noch Arme, ermöglichten jedoch dadurch eine bessere Beweglichkeit und Ausdauer des Kämpfers.
Beinschienen und ähnliche Zusatzrüstungen wurden nur in der frühen Republik benutzt, und waren später wohl Offizieren und höheren Rängen vorbehalten (oder wurden aus Kostengründen nur von ihnen getragen). Wie die anderen Ausrüstungsgegenstände auch, stellte ein Panzer einen erheblichen Wert da, wurde daher von den Legionären stetig gepflegt und instand gehalten, und über mehrere Generationen benutzt. Nicht zuletzt war ein stetiges gepflegtes Aussehen der "Uniform" also der Ausrüstung maßgeblicher Bestandteil des Drills und Disziplin.

Die älteste bekannte Panzerform, zu Zeit der frühen römischen Republik, bestand meistens nur aus dem pectorale (grch. kardiophylax), eine runde bis rechteckige Bronzeplatte mit 150 bis 200 mm Durchmesser, die einfach mit Lederriemen auf dem Bauch, und teilweise auch zusätzlich, dem Rücken des Kämpfers geschnallt wurde, was einen gewissen Schutz der inneren Organe erbrachte. Da jedoch jeder Soldat seine Rüstung selbst bezahlen musste, konnte ein metallener Körperschutz auch ganz entfallen. Diese einfache Rüstung scheint vermutlich erst mit der Heeresreform des Marius (um 100 v. Chr.) verschwunden zu sein.

Eine andere, etwas pompöse Panzerform, ist der so genannte "Muskelpanzer" oder Kürass:
Aus dem Glockenpanzer der Griechen entwickelt war er bereits in republikanischer Zeit den Offizieren vorbehalten. In der Zeit des Hellenismus, war er eine dem Torso bzw. Oberkörper eines Athleten nachempfundene Plastik aus Bronzeblech, die wie eine Schale, den Oberkörper des Trägers schützte; in kurzer Form für die Kavallerie, in längerer Form für die Infanterie. Er bestand aus Rückenteil und Vorderseite, welche mit Lederriemen um den Körper geschnallt und befestigt wurden. Zudem konnten so genannte humeralia, bewegliche, metallene Schulterstücke, am Panzer befestigt werden, was jedoch nicht genuin zum Muskelpanzer gehörte und von einem Panzer aus Lack und Ölversteiften Leinen ("Leinenpanzer") der Griechen übernommen wurde. Der römische Muskelpanzer wurde zudem mit vielen Verzierungen versehen, sehr häufig ein zentrales Gorgonenhaupt oder diverse Raubvögel mit den beliebten Gold-Silber-Effekten. Aufgrund der massiven Metallplatten bot dieser Panzer zwar einen recht großen Schutz, wog jedoch schwer und machte den Kämpfer weniger beweglich. Dieser Panzertyp wurde daher eigentlich nur in republikanischer Zeit von hohen Diensträngen im Kampf getragen, später nur noch zu Paradezwecken oder repräsentativen Einheiten (z.B. Prätorianer).

Lederpanzer, oder mit Öl und Lack versteifte Leinenpanzer aus schuppenartig übereinander liegenden Stoffstücken waren, im Gegensatz wie in vielen Filmen suggeriert, im römischen Heer nicht im Gebrauch. Nur in republikanischer Zeit wurden vereinzelt von Offizieren und Kavalleristen derartige Rüstungstypen getragen.

Nach Erfindung des Kettenpanzers um etwa 400 v. Chr. (vermutlich von den Kelten), verbreitet er sich, trotz der immensen Fertigungszeit und Kosten, schnell bei den hohen, und nach der Heeresreform, bei allen Dienstgraden. Vermutlich wurden die Kettenhemden dafür in manufakturartigen Betrieben hergestellt, was die Kosten senkte.
Die lorica hamata, also der Kettenpanzer, ist sehr flexibel und kann sich der jeweiligen Körperhaltung wie ein T-Shirt anpassen. Zudem ist er wartungsfreundlich, da für eine Reparatur keine große Fachkenntnis von Nöten ist. Hergestellt wurden Kettenpanzer üblicherweise aus 15.000 bis 30.000 kleinen, aus Draht gebogenen Eisenringen von 3 bis 9 mm Durchmesser, die nicht selten auch noch einzeln vernietet wurden.
Die Standardgröße der Ringe war etwa 5-7 mm.
Eine Weiterentwicklung bestand aus der Verwendung von gestanzten Ringen, die solche aus Draht gebogenen zur Hälfte ersetzten. Als "Luxusversion" gab es auch noch goldglänzende Kettenhemden aus (extra kleinen) Bronzeringen. Das Gewicht eines Hemdes betrug etwa 8-12 kg (ohne bzw. mit Schulterklappen). Zur Entlastung der Schultern wurde das Kettenhemd daher gegürtet getragen. Der Schnitt dieser Kettenhemden war zylindrisch, weit und ärmellos, durch die, über die Schulter fallenden Ecken, entstanden jedoch Scheinärmel. In der Republik reichte das Kettehemd etwa bis zu den Knien. Auf den Schultern legte man noch, ein über der Brust zusammen geheftetes, U-förmiges Schulterstück, aus mit Leder unterfütterter Kette: Den vom griechischen Leinenpanzer übernommenen "humeralia".
Die Verdopplung an den Schultern schützte die Halsgegend und Schultern zusätzlich, sorgte jedoch auch für eine zusätzliche Gewichtsbelastung von etwa 3-4 kg. Von der Heeresreform des Marius an zeigten sich die Legionäre damit etwa 200 Jahre in einem recht einheitlichen Bild. Um etwa 50 v. Chr. wurde das Kettenhemd verkürzt, und reichte nur bis etwas über die Hüfte, zudem wurden die Schulterstücke um die Brust vergrößert, um Ende des 1. Jhd. dann ganz zu verschwinden. Zunächst bei den Feldzeichenträgern und der Reiterei verbreitet, wurde sie bald von allen Mannschaftsgraden verwendet. Der Nachteil der Kettenhemden war jedoch immer der geringere Schutz vor spitzen Stichwaffen oder Pfeilen, die die Ketten aufbiegen oder sprengen konnten. Zudem wurden stumpfe Schläge kaum gedämpft, so dass unter dem Kettenhemd ein zusätzlicher
Wams, eine dicke, gefütterte Untertunika, getragen werden musste. Nur so konnte ein möglichst großer Schutz garantiert werden. So machten sich die Römer, unter Caesar, für den Angriff auf Dyrrhachium zusätzliche Kleider aus Filz und Leder gegen den Pfeilhagel.

Der berühmte, "typisch römische" Schienenpanzer, die lorica segmentata (geschobener Schienenpanzer) kann als eine genuin römische Erfindung gelten. Lorica segmentata ist übrigens ein Neologismus, da der Originalname dafür nicht überliefert wurde. Nach seiner Entwicklung etwa zur Wende der Zeitrechnung, verdrängt er, vermutlich wegen seiner wesentlich weniger aufwendigen Fertigung, den bisherigen Kettenpanzer der Infanterie. Nur die Reiterei (aus ganz praktischen Gründen), einige höhere Dienstgrade sowie vielleicht Auxiliareinheiten trugen das Kettenhemd weiterhin. Bildlich überliefert ist der Schienenpanzer übrigens erst in trajanischer Zeit (besonders von der Trajanssäule in Rom), obwohl er damals schon seit knapp 100 Jahren Verwendung fand. Der Schienenpanzer bestand aus ineinander geschobenen, auf Lederriemen genietete Eisenplatten, und ist damit dem Prinzip des Chitinpanzers der Insekten nicht unähnlich. Die lorica segmentata ist leichter als ein Kettenhemd (5-7 kg), garantierte einen hohen Schutz vor Stichen und Schnittverletzungen am Oberkörper, schränkte die Bewegungsfreiheit nur wenig ein und war sehr einfach durch Massenproduktion herzustellen. Der Nachteil war jedoch vor allem seine recht hohe Reparaturanfälligkeit aufgrund der vielen Lederriemen und Metallhaken, die schnell im Feld verschleißten. Ohne die in der römischen Hochzeit bestehende perfekte Logistik und Organisation konnte sich der Schienenpanzer nicht mehr halten. So verschwand der Segmentata im ausgehenden 3. Jhd. wieder zugunsten des Kettenhemdes.

Die selteneren Formen von Panzern waren die lorica squamata (Schuppenpanzer) und der technisch ähnliche Lamellenpanzer. Ihren Ursprung haben diese im Orient und waren durch Kontakte mit Griechenland bereits in republikanischer Zeit in der römischen Armee in Gebrauch. Der Schuppenpanzer hat seine Ursprung im Leinenpanzer, an dem einfach zusätzliche Metallschuppen befestigt wurden, anfänglich an den Schulterstücken. Mit einem Schuppenbesatz bis zur Taille war er noch bis Augustus in Gebrauch. Nach dieser Zeit wurden von den Römern eigene Entwicklungen in Form von vollständig mit Metallschuppen aus Bronze oder Eisen behangenen, starken Leinenhemden verwendet. Die Schulterstücke dienten nun eher der Zierde, sie fielen, wie kurz darauf beim Kettenhemd in der 2. Hälfte des 1. Jhd. weg. Die Schuppen waren 20 bis 30 mm breit, 30 bis 50 mm hoch, wodurch das Gewicht von 6 bis 15 kg variierte. Die Schuppen waren in der Regel unten rund oder spitz zulaufend, wie Dachschindeln; als Sonderform bei der lorica plumata einem Mittelgrat versehen.
Um die Stabilität zu erhöhen waren die Schuppen oft nicht nur mit 2 Paar Ösen am Leinen verringt, sondern mit Drahtringen horizontal und sogar vertikal verbunden, damit so auch vor Stichen von schräg unten geschützt wurde. Die Luxusversion verwendete statt einen leinerem Untergewand gar ein Kettenhemd, das mit besonders kleinen Schuppen belegt wurde, was natürlich auch ein hohes Gewicht von nicht unter 12 kg mit sich brachte. Aufgrund des schönen Aussehens, wurde der Schuppenpanzer eigentlich ausschließlich von höheren Dienstgraden getragen. Häufig verwendeten Schuppenpanzer orientalische Hilfstruppen, wie z. B. Bogenschützen, nicht selten auch bei der Reiterei. Der einfache Soldat benutzte jedoch selbst einfache Versionen selten.
In der Spätantike wurde der Schuppenpanzer, durch vermehrte kriegerische Kontakte im Orient, wieder häufiger, dominierend blieb aber das Kettenhemd. Aus dem asiatischen Raum kam in der frühen Spätantike noch der so genannte "Lamellenpanzer" auf, der ähnlich dem Schuppenpanzer aufgebaut, jedoch mehr lange als breite Eisenschuppen hatte, die den Körper in mehreren, vertikalen Reihen wie Jalousien bedeckten. In der Völkerwanderungszeit verschwanden in Europa jedoch fast alle diese Sonderformen wieder, und für lange Zeit blieb das Kettenhemd die einzige nennenswerte Metallrüstung.

Wams

Unter der Rüstung, besonders unter dem Kettenhemd, trug der Soldat und Offiziere neben der üblichen Kleidung einen, mit Wolle oder Haaren gefütterten Wams aus Leder oder starkem Leinenstoff.
Er diente dazu, Schläge und Stöße, vor die ein flexibles Kettenhemd nur unzureichend oder gar nicht schützen konnte, abzufangen. Ohne solch einen Schutz hätten die Soldaten oft schwere Prellungen oder gar innere Verletzungen davon getragen.
Dieser Wams konnte zudem aufgrund seiner Dicke in kühleren Jahreszeiten oder Regionen als wärmende Zusatzkleidung unter der
Paenula, dem Mantel getragen werden. An diesem Untergewand konnten ebenfalls Zierstreifen, sogenannte pteryges befestigt werden, was besonders bei Offizieren vorkam.


Mehr zur Lorica Hamata - Das Kettenhemd im Eigenbau



Quellen
"Die Legionen des Augustus" von Dr. Marcus Junkelmann
"Die römische Armee" von Yann Le Bohec
"Die Legionen Roms" von Adrian Goldsworthy
"Panis Militaris" von Dr. Marcus Junkelmann
Weitere Angaben siehe Buchtipps.

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