Galea / Cassis - Der römische Helm
Der römische Soldat war, wie fast alle fortschrittlicheren Armeen, mit einem Helm zum Schutze des Kopfes ausgestattet.
Der Kopf ist der lebenswichtigste und weitgehend empfindlichste Körperbereich eines Menschen.
Deshalb wurde einem möglichst allumfassenden Schutz des Kopfes besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und es kamen im römischen Reich verschiedenste Formen und Modelle zum Einsatz.
Ganz im Gegensatz zu dieser archäologisch belegten Vielfalt, schweigt sich die Literatur über dieselbe aus.
Das Lateinische kennt mit cassis und galea nur zwei synonyme Worte für Helm, und die römische Kunst führt durch ihre unrealistische, romantisch verklärte Darstellung in die Irre.
Die älteste und längst verwendete Helmform ist der Montefortino-Helm, dessen keltischer Fundort und Ursprung an der Adria ihm seinen Namen gab.
Er wurde schon im ersten Punischen Krieg standardisiert an die Legionäre ausgegeben.
Er war der vorherrschende Standardhelm der römischen Truppen bis etwa Augustus.
Ursprünglich von den Kelten aus Eisen gefertigt, wurde er bei den Römern fast nur aus Bronze gefertigt (Bronzehelme lassen sich durch Rohguss schneller herstellen als eiserne).
Die Bronzehelme hatten in der Regel eine Stärke von 1,5 bis 2 mm, was ein Helmgewicht von ca. 2 kg ergab. Neben den normalen goldbronzenen Helmen kannte man auch verzinnte, silbern schimmernde Varianten.
Frühe Formen finden sich zudem mit diversen Zierelementen versehen; nach der Heeresreform jedoch zugunsten der Massenproduktion schmucklos.
Die Montefortino-Form war die einer spitz zulaufenden Zwiebel, deren oberes Ende einen Knauf zierte, auf dem die crista, der Helmbusch montiert werden konnte.
Dieser bis zu 400 mm lange, nach Polybios rote oder schwarze Buschen war aus langem Rosshaar gefertigt und wurde mittels eines Bronzestiftes in eine dafür vorgesehene Bohrung des Helmknaufes gesteckt (bei späteren Helmformen mit einem Haken in eine Tasche).
Diese Buschen dienten allein der Zierde in der Parade oder Apell und wurden nicht im Kampf getragen.
Der Helm reichte im Gesicht bis etwa zur Höhe der Augenbrauen. Zum Schutz der Halsregion, bzw. des Nackens, war hinten ein sehr kleiner bronzener Schirm angebracht, der zuerst waagerecht, später schräg Abstand.
Durch zwei Ringe an der Unterseite wurde der lederne Kinnriemen gezogen, welcher ebenfalls die seitlich am Helm angebrachten, geschwungenen Wangenklappen fixierte (bucculai).
Zur Kennzeichnung des Besitzers, waren auf dem Nackenschutz meist der Name des Trägers, Nummer der Centurie und Legion eingraviert.
Seit der Heeresreform war die Ausrüstung Staatseigentum, so dass sich darauf meist mehrere Generationen verewigt hatten.
Zur Polsterung waren die Helme mit einem Innenfutter Rosshaar gefütterter Leinenkissen versehen.
Während dem Marsch wurde der Helm meistens abgenommen und am Panzer befestigt getragen, beim Kettenhemd entweder am Haken der Schulterklappen, oder einfach umgehängt am Kinnriemen.
Dem Montefortino folgte im 1. Jhd. der Hagenau-Helm (nicht-deutschsprachig "Coolus" genannt).
Er war von halbkugeliger Form, der bis dato typische Knauf nicht bei allen Helmen vorhanden.
Zur Zeit Augustus wurde zudem der Nackenschutz erheblich vergrößert und an der Stirn eine massive Spange angebracht, die Schläge von vorne oben besser abfangen sollte.
Die Wangenklappen wurden ebenfalls vergrößert und bedeckten nun größere Teile des Gesichtes.
Der Hagenau-Helm verdrängte schnell fast gänzlich den in die Jahre gekommenen Montefortino und war bald der Standardhelm des 1. Jhd..
Die ausgedienten Montefortino fanden dann bei den Hilfstruppen ihre weitere Verwendung, um auch hier langsam zu verschwinden.
Es gab den Coolus in Bronze, später auch aus Eisen.
In der späten Republik kam zudem der als typisch römischer Soldatenhelm bekannte Weisenau-Helm auf;
zuerst nur bei den hohen Diensträngen, ab der Mitte des 1. Jhd. auch bei der Legion den Hagenau verdrängend.
Beide Helme waren fast identisch, jedoch zeigte der Weisenau-Helm eine kunstvollere Gestaltung:
Die Wangenklappen wurden den Konturen des Gesichtes besser angepasst, der größere Nackenschutz schräg abgesenkt.
Statt einem Knauf für die Crista, gab es nun zwei metallene Taschen, in die die Crista gehakt wurde.
Die Crista wurde dann noch vorne und hinten am Helm festgebunden.
Die Centurionen trugen die um 90° quergestellte crista transversa, so konnten sie im Gefecht leicht ausgemacht werden
und jeder Legionär wusste, wo "sein" Centurio war.
Die crista transversa wurde natürlich befestigt.
Als Korrosionsschutz wurde er meistens (wie manch andere Eisengegenstände auch) noch verzinnt, was poliert einen Silberglanz erzeugte.
Ohne den Aufsatz wog der Hagenauhelm knapp 2,3 kg.
Es gab auch neben dem Standard aus Eisen seltenere Versionen aus Bronze.
Der Weisenau-Helm, in heereseigenen Produktionsstätten gefertigt, stellte wohl den Höhepunkt der römischen Helmformen dar, und war an Schutzwirkung und Schönheit den vorherigen Modellen weit überlegen, und wurde in den folgenden Jahrhunderten nicht wieder erreicht.
ars contra arcaiologicam
Im Gegensatz zur gefundenen Realität zeigen Darstellungen in der zeitgenössischen Kunst (römische) Soldaten meist mit archaischen Helmtypen des antiken Griechenlands. Solche schon damals antiken Typen waren der korinthische und der aus diesem um etwa 500 v. Chr. hervorgegangen attische Helm.
Diese Helme waren veraltet und wurden in keinem nennenswerten Umfang in der römischen Armee benutzt, waren auf Triumphzüge, Paraden oder ähnliche Volksdarbietungen beschränkt; Funde von römischen Schlachtfeldern gibt es jedenfalls noch keine.
Der attische Helm besaß schmale, in der Regel bewegliche Wangenklappen und einen nur gering ausgeprägten Nackenschutz. In der frühen Kaiserzeit kamen dann auf Bildern Formen mit einem verzierten Stirnvisier auf. Auf dem Helm wurde meistens auch noch ein Metallkamm oder einer dieser klischeehaften, bürstenförmigen Rosshaarbuschen befestigt, in selteneren Fällen auch Federn.
Alle realen Funde sind in den Zeitraum von 400 bis 150 v. Chr. datiert, in späterer Zeit finden sie sich nur auf Darstellungen. Es wird angenommen, sich diese Formen ab diesem Zeitpunkt wenn überhaupt, nur noch auf Offiziere, Gardetruppen und repräsentative Einheiten beschränkten.
Der seltenere pseudokorinthische Helm stellt eine eigenständige römische Weiterentwicklung des in der Frühklassik in Süditalien verbreiteten korinthischen Helms dar.
Seine kuriose Form soll einen gelupften Helm darstellen, den man nicht komplett auf dem Kopf trägt (in etwa wie manchmal eine Baseballkappe getragen wird). Wurden solche Formen bis ins 1. Jhd. v. Chr. noch teilweise als Mannschaftshelm verwendet, war er später nur hohen Offizieren vorbehalten, die sich so eine reiche Verzierung leisten konnten.
Im Kampf wurde er freilich wohl nicht getragen.
Für spezielle Einheiten oder Anlässe gab es dann noch die eigens hergestellten Maskenhelme; wohl griechischen Ursprungs aus sehr dünnem Bronzeblech gehämmert, besaßen sie keinen realen Gefechtswert.
Einige wenige Funde zeigen zwar massivere Formen, manchmal sogar Eisenblech (z. B. ein Fund aus Kalkriese, mit einer eisernen Untermaske und einer einstmals darauf angebrachten Zweiten aus feinem Silberblech), im Kampf waren sie jedoch vermutlich mehr hinderlich als wirklichen Nutzen bringend, da die Sicht und das Atmen eingeschränkt waren.
Zum Einsatz kamen diese Helme wenn bei den Feldzeichenträgern, die dadurch, zusammen mit den typischen Tierfellen, ihre eigene Persönlichkeit vollständig zugunsten des von ihnen verkörperten Symbols der Einheit zurückstellen konnten.
Diese Helme bestanden aus zwei Teilen; dem eigentlichen, normalen Helm und der Maske in der Gestalt eines jünglichen Gesichts. Die Maske wurde mit Lederriemen am Helm befestigt.
In der Spätantike verschwanden dann langsam die typischen Legionärshelme, und es tauchten vermehrt Formen auf, die schon an Helme aus dem Mittelalter erinnern.
So trat etwa im 3.Jhd der Spangenhelm auf, vermutlich aus Sarmatien stammend, meist aus sechs eisernen, dreieckigen Platten bestehend, die an Metallstreifen genietet, in einer konischen Form gehalten wurden.
Mit der Zeit kamen noch Wangenklappen, sowie ein Nasen und Nackenschutz hinzu, der auch aus einem Stück Kettenpanzer, am Helm befestigt, bestehen konnte.
Dieser Spangenhelm-Typ war fast unverändert bis ins Mittelalter gebräuchlich.
Im 4. Jhd. kam ergänzend noch der, eventuell aus dem persischen Raum stammend, Bügelhelm auf; aus zwei halbkugelförmigen Eisenschalen bestehend, die durch einen Metallstreifen in der Mitte zusammengehalten und daran vernietet wurden.
Es folgten die üblichen Ergänzungen wie Wangenklappen, Nasen und Nackenschutz.
Neben den normalen, in Massenprodukion gefertigten Bügelhelmen, sind auch reich verzierte Exemplare mit Crista bekannt, die belegen, dass der Helm auch von höheren Dienstgraden getragen wurde.
Auf zahlreichen Abbildungen des 5. und 6. Jahrhundert zeigt sich schließlich ein (bislang noch nicht gefundener) Helmtyp, der spätantiker attischer-Helm genannt wird.
Den Abbildungen nach bestand er nur aus einer eisernen Halbkugel mit einer bandartigen Verstärkung um den Rand und einem Wangenschutz.
Quellen
"Die Legionen des Augustus" von Dr. Marcus Junkelmann
"Die römische Armee" von Yann Le Bohec
"Die Legionen Roms" von Adrian Goldsworthy
"Panis Militaris" von Dr. Marcus Junkelmann
Simon Macdowall, Gerry Embleton, "Late Roman Infantryman 236-565 AD";
Simon Macdowall, Christa Hook, "Late Roman Cavalryman 236-565 AD",
Weitere Angaben siehe Buchtipps.