Die Dakerkriege
Die Daker besiedelten ein Gebiet zwischen den Flüssen Donau, Theiss (Pathisus), Sireth (Hierasus) und Pruth (Pyretus) und dem Karpatenbogen und waren mit thrakischen Ethnien verwandt. Im 1. Jahrhundert v. Chr. kam es zu einer ersten Reichsbildung unter König Burebista, unter dessen Regierungszeit es zu Konflikten mit den griechischen Siedlungen an der Pontosküste bzw. mit den Boiern kam, die in der römischen Provinz pannonia superior siedelten. Mit seinem gewaltsamen Tod zerbrach das politische Gefüge und es kam erst wieder in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu einer erneuten Staatsbildung. Diese erfolgte unter dem König Decebalus, der in der Regierungszeit Domitians (51 - 96) im Jahr 85/86 die Provinz Moesia angriff und dabei zu Beginn auch erfolgreich war.
Die Daker erlitten aber bei Tapae eine Niederlage, die sie zur Anerkennung der römischen Oberherrschaft zwang. Unter Kaiser Traian (53 - 117) kam es zu einer erneuten Konfrontation zwischen den Römern und den Dakern, den sogenannten Dakerkriegen.
Weder in der Darstellung in The Cambridge Ancient History noch von J. Kramer werden konkrete Gründe für die Konfliktsituation zwischen dem dakischen Staatsgebilde und dem Imperium Romanum genannt. J. Kramer verwendet Umschreibungen wie "kam es zu bewaffneten Zusammenstößen" 1 oder "die Kämpfe brachen unter Traian erneut auf" 2, in der Darstellung in The Cambridge Ancient History wird die Frage nach Kriegsgründen und -ursachen vollkommen ausgespart.
Eine wesentliche Quelle für die Dakerkriege unter Kaiser Traian ist neben archäologischen Quellen aus dem entsprechenden Gebiet und in Rom vor allem Cassius Dio, dessen Werk zum Teil direkt, zum Teil indirekt in Auszügen erhalten ist.
Er verfaßte unter anderem die "Römische Geschichte", welche insgesamt 80 Bücher umfaßte. Davon sind einige Bücher direkt erhalten, die verlorenen Bücher, in denen unter anderem die Regierungszeit Kaiser Traians und somit die Dakerkriege behandeln, sind in Auszügen bei den byzantinischen Autoren Ioannes Xiphilinos 3 und Zonaras 4 erhalten 5.
Xiphilinos war ein byzantinischer Mönch und verfaßte am Ende des 11. Jahrhundert n. Chr. Epitome aus Cassius Dio, die die Zeit von 68 bis 229 n. Chr. umfassen. Er strukturierte den von Cassius Dio behandelten Stoff nach Kaiserbiographien in deren Rahmen die Eigenschaften der Kaiser und die Ereignisse der jeweiligen Regierungszeiten dargestellt werden. Zonaras lebte etwa zwischen dem Ende des 11. Jahrhundert und der Mitte des 12. Jahrhundert. Er verfaßte eine Weltchronik (™pitom¾ ƒstoriîn), in der er die Zeit von der Schöpfung bis zur Regierungszeit des Alexios I Komnenos (1048 - 1118) behandelte. Als Quelle für seine Darstellung des Anfangs des 2. Jahrhundert n. Chr. zieht er Xiphilinos heran, die originalen Bücher Cassius Dios dürften ihm nicht zur Verfügung gestanden haben.
Neben den schriftlichen Aufzeichnungen sind vor allem römische materielle Hinterlassenschaften, die Auskunft über die Dakerkriege geben. Die wesentlichste Quelle in dieser Hinsicht ist die Traianssäule, herangezogen werden aber auch Münzprägungen, die Grabstele des Tiberius Claudius Maximus, eines Offiziers in den Dakerkriegen unter Domitian und Traian, und das Tropaion Traiani, ein Siegesmal, das bei Adamclisi (heute Adamklissi, Rumänien, ca. 55 km westlich von Constanza) errichtet wurde, sowie einige weitere Ehrenmonumente, z.B. ein Ehrenbogen in Benevent aus den Jahren 113/114, auf dem der dakische Triumph dargestellt ist, den Traian 107 feierte.
Die Überquerung der Donau, die in der römischen propagandistischen Darstellung eine wesentliche Rolle spielt, ist auf der Traianssäule folgendermaßen dargestellt:
Die Donau, verkörpert als männlicher Flußgott, sieht Traian und seinen Truppen zu, während sie über eine Schiffsbrücke den Fluß überschreiten 6, wodurch die Donau ideologisch von Traian vereinnahmt wird.
Dieses Motiv findet sich auch auf Münzen, so beschreibt D. Stutzinger einen in Rom geprägten Sesterz aus den Jahren 107/111 7:
"Die Aussage des Münzbildes ist noch eindeutiger: Der Flußgott Danuvius, dargestellt durch einen bärtigen Mann mit einem Schilfrohr in der Linken, ringt die Dacia nieder. Dakien wird durch eine weibliche Gottheit personifiziert, die, um sie kenntlich zu machen, ein Hosengewand und den pileus der vornehmen Daker trägt." 8
Nach bereits bestehenden Unstimmigkeiten zwischen dem Imperium Romanum und dem dakischen König Decebalus und Kämpfen unter Domitian, kam es unter der Herrschaft des Kaisers Traian zu zwei Kampagnen gegen Dakien, die jeweils zwei Sommer beanspruchten.
Der erste Kriegszug begann im März 101, die genaue Route der römischen Truppen ist schwer zu fassen, Ausgangsort war eventuell Viminacum. Nach der Überquerung der Donau bewegte sich das römische Heer über Berzobis und Aizi nach Tapae, wo die dakischen Streitkräfte ihr Lager besaßen. In Tapae kam es zu einer bedeutenden Schlacht mit großen Verlusten auf beiden Seiten, die mit dem Sieg der Römer endete 9. Traian errichtete einen Altar für die Gefallenen und marschierte weiter in Richtung Sarmizegethusa, der Hauptstadt des dakischen Staatsgebildes.
König Decebalus war gezwungen, Frieden zu erbitten und somit die Oberherrschaft Roms anzuerkennen. Weiters war er verpflichtet, seine Waffen und sein Belagerungsgerät abzugeben, und römische Deserteure auszuliefern, wobei er sich auch verpflichten mußte, auch in der Zukunft keine Deserteure mehr aufzunehmen bzw. keine Bewohner römisch beherrschter Gebiete in seine Truppen aufzunehmen.
Nahe dem Eisernen Tor (ein Abschnitt des rumänischen Donautals) richtete Traian ein Lager ein, das sich zur späteren Provinzhauptstadt Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegethusa entwickelte - dazu in dem betreffenden Abschnitt in The Cambridge Ancient History "Trajan established a camp near the Iron Gate Pass which would later be the site of Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegethusa (not to be confused with the royal capital of that name)," 10.
In der Nähe entstand die Steinbrücke des Apollodorus von Damaskus, deren Bau in The Cambridge Ancient History so begründet wird: "with the optimistic aim of faciliating Roman support for the Romans on the far side of the Danube. Hadrian was to demolish the superstructure, fearing its aggressive use by the barbarians, but he left the piers to demonstrate, as they still do, the skill of Roman engineering." 11.
Trotz des geschlossenen Friedens hielten die Spannungen zwischen Decebalus und Rom an, und der Senat erklärte Decebalus schließlich wegen der Verletzung der römischen Friedensbedingungen zum Feind. Kaiser Traian zog im Juni 105 wieder gegen dakischen König, eroberte wesentliche Teile des Reiches und schließlich auch die dakische Hauptstadt Sarmizegethusa, die der späteren römischen Stadt an der Donau den Namen gab.
König Decebalus beging, um seiner Gefangennahme zu entgehen, Selbstmord.
Diese Szene findet sich sowohl auf der Traianssäule wie auf dem Tropaion Traiani und bestätigte sich schließlich auch durch die Abbildung und die Inschrift auf dem Grabstein des Tiberius Claudius Maximus 12.
Jasmin M. Widauer
Anmerkungen
01 Kramer, J., 'Dakoi, Dakia' in Der Neue Pauly, Bd. 3, 278
02 ebd.
03 vgl. Ziegler, K. 'Xiphilinos' in Paulys Realencyclopädie, Bd. IX A,2, S. 2132
04 vgl. Alpers, K., 'Zonaras' und 'Zonarae Lexicon' in Paulys Realencyclopädie, Bd. X A, S. 718:
05 Birley, A. R., 'L. Cl(audius) C. Dio Cocceianus' in Der Neue Pauly, Bd. 2, S. 1014
06 vgl. Daicoviciu, H., Das Reich der Daker, Entstehung und Blütezeit in Die Daker, Archäologie in Rumänien,
Mainz 1980, S. 90/91, Abb. 59 a und b
07 vgl. Stutzinger, D., Die Dakerkriege in der römischen Kunst in Die Daker, Archäologie in Rumänien,
Mainz 1980, S. 107, Abb. 79
08 vgl. Stutzinger, D., Die Dakerkriege in der römischen Kunst in Die Daker, Archäologie in Rumänien,
Mainz 1980, S. 107
09 Kramer, J., 'Dakoi, Dakia' in Der Neue Pauly, Bd. 3, 278
10 Griffin, M., Nerva to Hadrian in The Cambridge Ancient History, Vol. XI, S. 110
11 ebd.
12 vgl. Stutzinger, D., Die Dakerkriege in der römischen Kunst in Die Daker, Archäologie in Rumänien,
Mainz 1980, S. 108, Abb. 82
Literatur
- Alpers, K., 'Zonaras/ Zonarae Lexicon', Bd. XA, in Ziegler, K. (Hrsg.), Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften, Alfred Druckenmüller Verlag, München 1972, S. 718
- Birley, A. R., 'L. Cl(audius) C. Dio Cocceianus', Bd. 2 in Der Neue Pauly, H. Cancik, H. Schneider (Hrsg.), Verlag J. B. Metzler Stuttgart, Weimar 1997, S. 1014
- Daicoviciu, H., Das Reich der Daker, Entstehung und Blütezeit, in Historische Museen der Stadt Köln (Hrsg.), Die Daker, Archäologie in Rumänien, Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein 1980, S. 72 - 107
- Griffin, M., 2. Nerva to Hadrian, in Bowman, A., Garnsey, P., Rathbone, D. (Hrsg.), The Cambridge Ancient History, Volume XI, The High Empire A. D. 70 - 192, Second Edition, A. K. Bowman, , Cambridge University Press, 2000. S. 84 - 132
- Kramer, J., 'Dakoi, Dakia', Bd. 3 in Der Neue Pauly, H. Cancik, H. Schneider (Hrsg.), Verlag J. B. Metzler Stuttgart, Weimar 1997, S. 277 - 279
- Stutzinger, D., Die Dakerkriege in der römischen Kunst, in Historische Museen der Stadt Köln (Hrsg.), Die Daker, Archäologie in Rumänien, Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein 1980, S. 107 - 123
- Ziegler, K., 'Xiphilinos', Bd. IX A, 2 in Ziegler, K. (Hrsg.), Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften, Alfred Druckenmüller Verlag, München 1983, S. 2132