Der Limes


Titelbild


Ingo Henneberg, Johanna Horzetzky und Cornelia Hübner

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Inhalt


Einleitung

Allgemeine Beschreibung
Struktur und Aufbau
Tafel : Verschiedener Wachtürme am Limes
Tafel : Schematische Darstellungen d. Bauphasen d. obergerman. und raet. Limes
Gründe der Errichtung
Auswirkungen
- auf der römischen Seite
- auf der germanischen Seite
Das Ende des Limes
Vergleich Limes - Innerdeutsche Grenze ?

Schluss

Bildnachweis
Zitate
Literaturverzeichnis



Einleitung

"Mox limite acto promotisque praesidiis sinus imperii et pars provinciae habentur" 1

(Darauf hat man die Grenze gebaut und die Posten vorgeschoben, und nun gelten sie als Vorsprung des Reiches und Teil der Provinz)

So beschreibt der zeitgenössische Historiker Cornelius Tacitus in seinem "Germania" die im ersten Jahrhundert nach Christus durch Kaiser Domitian (51-96 n.Chr.) begonnene Errichtung des Limes, der auch Jahrhunderte nach dem Verfall des römischen Reiches das Bild Germaniens nachhaltig prägen sollte.

Diese in ihrer letzten Ausbauphase 580 km lange Grenzbefestigung verlief vom Rhein nördlich von Andernach bis Eining bei Regensburg an der Donau und diente zur Abwehr der germanischen Stämme. Das fast 200 Jahre lang bestehende Bauwerk war der Grund für zahlreiche tiefgreifende soziale, politische und kulturelle Entwicklungen der Germanenstämme diesseits und jenseits des Limes. Er stellte eine Art Kulturbarriere dar, der Einfluss des römischen Imperiums, der für die linke Seite so entscheidend war, machte hier Halt. Diese Entwicklungen sind noch heute im Stadtbild von historisch bedeutsamen Städten wie Köln und Trier erkennbar.

Auch deswegen ist der Limes seit Jahrhunderten ein Objekt der wissenschaftlichen Forschung. Schon deutsche Fürsten und Herzöge förderten und betrieben Ausgrabungen in ihren Herrschaftsgebieten. Bestes Beispiel hierfür ist Kaiser Wilhelm II, der aus eigenem Interesse und zu Ehren seiner Eltern den Wiederaufbau des Römerkastells Saalburg betrieb.

Um dieses bedeutsame Kulturdenkmal, den Limes, besser erhalten zu können betreiben jetzt die zuständigen Länder die Aufnahme des Limes als Bodendenkmal in die Liste der UNESCO. In diesem Zusammenhang und um den Limes greifbarer zu machen, wird in Fachkreisen die bis 1989 bestehende innerdeutsche Grenze als Vergleichsobjekt herangezogen, da sie auf den ersten Blick einige Ähnlichkeiten mit dem obergermanischen und raetischen Limes aufweist.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dieser Vergleich nicht ohne Weiteres gezogen werden kann. Die offensichtlichsten Unterschiede liegen bereits in der Funktion und Struktur der beiden Bauwerke begründet.

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Allgemeine Beschreibung

Der Begriff Limes, aus dem Lateinischen (limes, itis m.) stammend, bedeutete ursprünglich "Feldweg zwischen zwei Grundstücken" und entstand aus dem Sprachgebrauch der Landvermesser (agrimensor oder gromaticus). Die Bezeichnung Limes in ihrer heutigen Verwendung beruht auf einer Fehlinterpretation von zeitgenössischen Texten u.a. Tacitus. Die Römer selbst benutzten "Limes" als Umschreibung für Schneise oder Straße, allerdings umfasste der Begriff nicht die militärischen Anlagen wie Wachtürme, Kastelle oder Grenzbefestigungen.

Vorläufer des befestigten Limes waren Grenzwege oder Waldschneisen, die zur besseren Überwachung der Grenze dienten. Der Limes bestand seit dem Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. als an der römischen Grenze verlaufende, militärisch gesicherte Straße und Reichsgrenze. Militärisch war er ein System der Grenzbefestigung mit Wällen, Gräben, Wachtürmen, Palisaden und Kastellen
(siehe Struktur und Aufbau). Außer dem hier behandelten obergermanischen und rätischen Limes bestanden z.B. der Hadrians- und der Antoninuswall in Britannien und Limesanlagen in den Donauprovinzen.
Der obergermanische und raetische Limes, in seiner größten Ausdehnung 580 km lang, verläuft vom Rhein nördlich von Andernach bis Eining bei Regensburg an der Donau.

Der nördliche obergermanische Limes führte bei Bad Ems über die Lahn, am Taunus entlang nach Nordosten, umfasste die Wetterau, bog dann nach Süden bis Seligenstadt am Main. Im Anschluss bildete der Main bis Miltenberg eine natürliche, nasse Grenze. Von dort verlief der obergermanische Limes in gerader Linie bis vor Lorch, um im Rotenbachtal bei Kleindeinbach zu enden. Besonders bemerkenswert ist der etwa 80 km lange, schnurgerade Abschnitt von Walldurn bis zum Haghof südlich von Welzheim.
An diesen obergermanischen Limes schloss sich in einer Biegung nach Osten der raetische Limes (Limes Raetiae) bis zur Donau bei Hienheim an, gesichert durch die raetische Mauer, im Volksmund später auch Teufelsmauer oder Heidenmauer genannt.

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Struktur und Aufbau

Der obergermanische und raetische Limes waren Teile eines einheitlich konzipierten Sicherungssystems, jedoch unterschieden sie sich in ihrer äußeren Form erheblich. Der obergermanische Limes bestand ursprünglich nur aus einem Zaun aus Flechtwerk, der sich nach Möglichkeit dem Gelände anpasste und in regelmäßigen Abständen von einfachen Holztürmen gesichert wurde. Später wurde diese einfache Grenzsicherung durch einen wehrhafteren Palisadenzaun ersetzt, hinter dem sich Spitzgraben, Wall und später Türme aus Stein staffelten. In etwa 2 bis 3 Kilometer Abstand wurden kleinere Kastelle zum Schutz der Grenze errichtet.

Mehrere dieser mit Auxiliartruppen (leichte Hilfstruppen ohne röm. Bürgerrecht) besetzten Kastelle konnten im Falle eines Angriffs auf den Limes kleinere Verbände abwehren. Bei größeren Angriffen wurden die kampferprobten Legionen aus ihren weiter entfernt gelegenen Lagern zur Hilfe gerufen. Die raetische Front war unter Domitian zunächst nur durch Kastelle gesichert, ehe unter Trajan (53-117 n.Chr.) und Hadrian (76-138 n.Chr.) auch hier Flechtwerk und Pfahlwerk eine durchgehende Sperre bildeten. Die steinerne Mauer - die "Teufelsmauer" - zwei bis drei Meter hoch und einen Meter stark - entstand erst unter Caracalla (176-217 n.Chr.), der 213 gegen die Alemannen zog und in diesem Zusammenhang die Grenzbefestigung verstärken ließ. Die Spuren des älteren, hölzernen Limes finden sich noch heute vielfach parallel zur Mauer Caracallas.

Mauer und Palisadenzaun waren in unregelmäßigen Abständen von einigen hundert Metern bis zu zwei Kilometern von Türmen überragt. Diese waren so verteilt, dass die Besatzungen von der Plattform oder von der Galerie aus durch Rauch- oder Lichtzeichen sich untereinander oder mit den grenznahen Kastellen verständigen konnten, wenn in der Nähe des Limes oder an den Toren ungewöhnliche oder bedrohliche Bewegungen wahrgenommen wurden.

Um die Überwachung und die Verständigung durch Rauch- oder Lichtzeichen zu gewährleisten, wurden die jüngeren Abschnitte des Limes in gerader Linie gebaut ohne Rücksicht auf das Gelände zu nehmen. Die eigentlichen Streitkräfte waren nicht am Limes selbst postiert, sondern in Kastellen im Hinterland. Diese Kastelle waren anfangs nur von einfachen Erdwällen umgeben; später wurden sie durch zinnenbewehrte Mauern mit Türmen gesichert.

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Gründe der Errichtung

"Imperator Caesar Domitianus Augustus, cum Germani more suo e saltibus et obscuris latebris subinde impugnarent nostros tutumque regressumin profunda silvarum haberent, limitibus per centum viginti milia passuum actis non mutavit tantum statum belli, sed et subiecit dicioni suae hostes, quorum refugia nudaverat." 2

(Weil die Germanen, treu ihrer Gewohnheit, aus ihren Wäldern und dunklen Verstecken heraus die Unsrigen überraschend anzugreifen pflegten und nach jedem Angriff eine sichere Rückzugsmöglichkeit in der Tiefe der Wälder besaßen, ließ Domitian einen Limes über 120 Meilen anlegen. Dadurch änderte sich nicht nur die gesamte strategische Lage (in dieser Gegend), sondern unterwarf auch seiner Macht die Feinde, deren Schlupfwinkel er zugänglich gemacht hatte.)

Dieses Zitat von Sextus Julius Frontinus (Strategemata I 3,10) schildert eindrücklich die in Germanien herrschenden Zustände, die zur Errichtung des ursprünglichen Limes führten. Die Notwendigkeit dafür ergab sich aus Domitians Krieg gegen die Chatten. Diese stellten sich auch nach zahlreichen Kämpfen nicht einer Entscheidungsschlacht, sondern verwendeten eine Art Guerillataktik.

Da die Chatten militärisch weit unterlegen waren, wichen sie aus, fügten aber den römischen Truppen durch plötzliche Überfälle aus der Tiefe der Waldgebiete, in denen sie ebenso schnell wieder verschwanden, großen Schaden zu. Diese Situation konnte nur bewältigt werden, indem die Römer Schneisen durch die Wälder schlugen und Barrikaden errichteten um den Germanen das Eindringen in die römisch besetzten Gebiete zu erschweren und ihnen den Rückzug abzuschneiden. Auf Grund des Erfolges dieser Maßnahmen griff man bei späteren ähnlichen Gegebenheiten auf diese bewährte Methode zurück.

Im ersten Jahrhundert n.Chr. hatte sich der römische Herrschaftsbereich in Germanien stark vergrößert. Grundlagen dafür waren die erfolgreichen Alpenfeldzüge unter Tiberius und Drusus sowie die daraus folgende Stadtgründung Augusta Vindelicums (Augsburg). Bald wurde allerdings klar, dass eine vollständige Unterwerfung Germaniens auch auf lange Sicht nicht möglich sein würde (Niederlage des Varus, erfolgreiche, jedoch zu aufwendige Feldzüge des Germanicus), daher ging man dazu über, die bereits eroberten Gebiete bestmöglichst zu sichern.

Zu keiner Zeit war der Limes als unüberwindbares Hindernis geplant und hätte auf Grund der damaligen Möglichkeiten und der Länge der Grenze auch nicht als solches fungieren können. Seine Wachtürme lagen zweihundert bis tausend Meter auseinander. Für diese Strecke waren höchstens vier bis fünf Mann, die Besatzung der Türme, unmittelbar verfügbar. Sie konnten den Bereich zwischen den Türmen zwar überwachen, aber nicht verteidigen. Daher waren die später hinzukommenden Annäherungshindernisse wie Palisade, Wall und Graben bzw. Mauer keine Wehranlagen. Sie sollten lediglich das Überqueren der Grenze erschweren und verlangsamen und so die Überwachung erleichtern.
Der Limes war demnach nur eine überwachte Grenzlinie. Er sollte kleinere räuberische Überfälle verhindern und so das Grenzland und dessen Wohlstand sichern.Grenzübergang am raetischen Limes
Außerdem hatte der Limes die Aufgabe den Personen- und Warenverkehr an wenigen festgelegten Übergangsstellen zu kontrollieren und somit den Grenzverkehr zu überwachen und Zölle einzutreiben. Damit diente er zur Wahrung römischer Wirtschaftsinteressen und zur Sicherung des Wohlstandes und des Friedens.
Weiterhin galt es im Norden die landwirtschaftlich fruchtbaren Gebiete der Rhein - Main - Region und Wetterau zu kontrollieren; im Südwesten sicherte man die kürzeste Verbindungsroute zwischen den Provinzhauptstädten und im Südosten wiederum die Kornkammer des Nördlinger Rieses.

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Auswirkungen

Auf der römischen Seite

Zur Erschließung der germanischen Provinzen bauten die Römer eine hervorragende Infrastruktur auf, gründeten Städte, Marktorte und sonstige Siedlungen. In den ländlicheren Gebieten erschlossen sie das Land und legten landwirtschaftliche Güter (villae rusticae) an.
Dies steht im Unterschied zu der römischen Vorgehensweise in anderen Provinzen, wo vornehmlich Latifundien (Landwirtschaftliche Großbetriebe) entstanden. In der Nähe dieser villae wurden vici (Marktorte) gegründet, die auch als Verwaltungsorte genutzt wurden. Diese vici dienten dem Warenaustausch unter der Zivilbevölkerung, aber auch der Versorgung in der Nähe gelegener Militärlager.

Mit der Gründung dieser villae und vici schufen die Römer die Grundlage für die heute noch bestehende ländliche Struktur in diesen Gebieten Deutschlands. Auch in der Anlage der von den Römern gegründeten Städte wie Köln, Trier und Mainz zeigen sich noch ihre Einflüsse. Sie sind zum Beispiel in der schachbrettartigen Anlage der alten Stadtteile zu erkennen.

Auch die Lebensweise der germanischen Bevölkerung änderte sich nach der Besetzung durch die Römer radikal. Ihre vorher von alten Sitten und Gebräuchen geprägte Kultur wurde nach und nach durch die römische ersetzt. Ihre Stammesstrukturen wurden durch die soziale Ordnung römischer Städte abgelöst. Sie unterlagen nun der römischen Gerichtsbarkeit und Steuereintreibung. Sogar die Art der Feldbestellung, die angebauten Getreidesorten und die gehaltenen Vieharten änderten sich. Auch das Alltagsleben der germanischen Bevölkerung durchlief eine tiefgreifende Veränderung.

So führten die Besatzer neuartige Kleidung wie Togen und Tuniken und eine verbesserte Bautechnik ein. Die Germanen kannten bisher nur Holz- bzw. Lehmfachwerkbauten, die Römer aber brachten die Technik der ziegelgedeckten Steinbauten. Diese blieben natürlich nur den Reichen vorbehalten, allerdings waren deren kostspielige Villen dafür mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet, die die neue Kultur mit sich brachte wie z.B. Gärten mit Springbrunnen, Bäder und Toiletten mit fließend Wasser.

Aber auch nicht so begüterte Bauherren konnten von den neuen Techniken profitieren. So gab es Fußbodenheizungen und Wandmalereien auch in einfacheren Behausungen. Aus diesem neuen Luxus resultierten aber auch Probleme. Wie Funde beweisen, stellte sich ein regelrechtes Müllproblem ein. Dies wurde durch eine Müllabfuhr gelöst, die Müllkippen dienen heute als Fundgrube für Archäologen. Dieses neuartige Hygienebewusstsein zeigte sich auch in der Verbreitung von Bädern. Sie erfüllten eine wichtige Rolle vor allem bei der gedrängten Unterbringung von Soldaten.
Die Wirtschaft stellte von landwirtschaftlichem Tauschhandel um auf Export von Waren wie Pelze, Bernstein, Wachs und Sklaven und den Import von Wein und Öl. Dies brachte den germanischen Provinzen einen neuen Wohlstand. Die Straßen sorgten ebenfalls für einen regen Informationsaustausch der in dieser Effizienz Jahrhunderte lang nicht mehr erreicht wurde.

Nicht vernachlässigt werden sollten auch die direkten militärischen Einflüsse durch die am Limes oder in den Kastellen stationierten Truppen. Diese schufen nicht nur eine beträchtliche eigene Infrastruktur (z.B. Bäder, Straßen...), sondern boten außerdem auf Grund ihres relativ guten Soldes eine reale wirtschaftliche Kaufkraft. Zuerst zog sie Händler, später aber auch andere Gewerbetreibende und ihre Familien an.
So entstanden langsam in der Nähe der Kastelle kleinere Siedlungen, die im Verlauf zu regelrechten Städten wachsen konnten. Außerdem übernahm die Armee wenigstens in Grenznähe zahlreiche verwaltungstechnische Aufgaben, wie zum Beispiel das Eintreiben von Steuern und Zöllen.
Hierfür gab es später sogar spezielle Einheiten und Spezialisten, die mit Verwaltungsaufgaben und Organisation betraut waren, die sog. Beneficiarer (beneficiarii), welche sich aus bewährten, langgedienten Soldaten im Unteroffiziersrang rekrutierten.

Auf der germanischen Seite

Der Limes stellte eine Kulturbarriere dar und verhinderte so die Ausbreitung der römischen Gewohnheiten nach Osten. Zwar waren Produkte römischer Kunsthandwerker und Töpfereien im Gebrauch - besonders emailverzierte Gewandspangen, tönernes Trinkgeschirr und Terra sigillata - doch führten diese trotzdem nicht zu einer Romanisierung der germanischen Lebensweise.

Römische Gegenstände wurden nur verwendet, wenn die Funktion identisch war mit der der "einheimischen" Produkte. Durch naturwissenschaftliche Analysen wurde herausgefunden, dass weder im Feldbau verbesserte Anbaumethoden und ertragreichere Pflanzen übernommen wurden, noch die Viehzucht sich weiterentwickelte. Daraus wird ersichtlich, dass die Germanen die auf der anderen Seite des Limes herrschende Lebensweise nicht übernehmen wollten. All die Veränderungen, die die Besatzung den auf der linken Seite des Limes lebenden Germanen brachte, blieben den Germanen jenseits des Limes vorenthalten, bzw. wurden von ihnen abgelehnt. So erhielten sie zwar ihre eigene Sprache und Kultur, konnten aber auch nicht von den positiven römischen Einflüssen profitieren.
Allerdings traten zunehmend Germanen in das römische Heer ein. Dadurch erhielten sie einen Einblick in die sehr weit entwickelte, für sie völlig neuartige Organisation und Taktik der römischen Armee. Dies führte langfristig zu einer Gefährdung der römischen Provinzen, da die ausgebildeten Germanen ihr Wissen oftmals gegen das Reich verwendeten.
Angriffe von gut trainierten und disziplinierten Germanen nahmen im Lauf der Zeit zu. Dies führte auf lange Sicht zu einer erheblichen Stärkung der germanischen Stämme und war so mit ein Grund für den allmählichen Niedergang der römischen Provinzen in Germanien.

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Das Ende des Limes

Das Ende des Limes war kein plötzliches und einschneidendes Ereignis auf Grund eines einzigen gewaltigen Germaneneinfalls, sondern eine komplexe Entwicklung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckte. Der militärische Grenzschutz und das Vertrauen der Provinzbevölkerung in ihre Sicherheit wurden mit der Zeit immer schwächer.
Ursachen dafür waren neben der äußeren Bedrohung der Grenzregionen durch die verschiedenen, jenseits des Limes lebenden, teilweise verbündeten germanischen Stämme vor allem innenpolitische Schwierigkeiten, wie z.B. wirtschaftliche Probleme. Außenpolitisch wurde das erstarkende Partherreich im Osten immer mehr zu einer Bedrohung Roms. Um dieser zu begegnen, mussten verstärkt Legionen und wichtige Auxiliarverbände aus den germanischen Provinzen abgezogen werden. 233 n.Chr. wurde diese Schwächung der Limestruppen erstmals von den Germanen zu verheerenden Plünderungen genutzt, die das Hinterland verwüsteten.
Der Reichtum auf der römisch besetzten Seite des Limes war auch vorher schon der Grund für kleinere Raubzüge gewesen. Den neuen starken Angriffen jedoch konnten die verbleibenden Soldaten kaum mehr etwas entgegensetzen. Dies bewirkte eine mehrjährige Destabilisierung des gesamten Gebietes.

Durch den teilweisen Abzug der Limestruppen als bedeutender Wirtschaftsfaktor war die einheimische Wirtschaft schon vor den Einfällen der Germanen geschwächt. Als der Partherkonflikt nach einigen Jahren langsam abebbte, richtete sich die Aufmerksamkeit des Reiches wieder verstärkt auf die nördlichen Provinzen. Zwar wurden erfolgreich Vergeltungsschläge geführt und die Instandsetzung der Grenzanlagen betrieben, doch die zerstörte zivile Infrastruktur blieb dauerhaft geschädigt. Die daraus resultierenden hohen Militär- und Wiederaufbaukosten schwächten nachhaltig die Finanzlage des Reiches.
Beim Wiederaufbau der Grenze führte man eine teilweise Umstrukturierung durch, die auf den neuesten Erfahrungen beruhte. So wurde z.B. ein Großteil der Grenzübergänge geschlossen.
Die Bedrohung durch die Germanen wuchs jedoch weiter und konnte auf lange Sicht nicht mehr abgewehrt werden. 257 n.Chr. brach dann das Grenzsystem endgültig zusammen. Ein großes Bündnis aus freien germanischen Stämmen durchbrach den Limes, traf auf Unterstützung der romanisierten Germanen, verwüstete die römischen Provinzen in Germanien und bedrohte sogar Gallien und Italien. Nach langen verlustreichen Kämpfen wurden die Germanen zurückgeschlagen. Es gelang allerdings nie wieder, die germanischen Provinzen rechts des Rheins zurückzuerobern. Der Rhein als Grenze konnte hingegen noch Jahrzehnte lang gehalten werden.

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Vergleich Limes - Innerdeutsche Grenze ?

Die Bewerbung zum UNESCO - Weltkulturerbe des Limes beschäftigt sich auch mit dem Vergleich des Limes mit der innerdeutschen Grenze. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Grenzanlagen viel miteinander gemein zu haben. Beide weisen eine durchgehende Befestigung des Grenzverlaufs, Sperranlagen gegen Einzelne oder kleine Gruppen, Wachtürme mit Sichtverbindung, Grenzpatrouillen und Übergänge mit starken Truppenverbänden auf.

Beide Grenzen bildeten eine Kulturbarriere. Die westliche Seite des Limes war wirtschaftlich, kulturell und sozial der östlichen weit überlegen. Diese weigerte sich jedoch, bzw. es war ihr nicht möglich, diese fortschrittliche Lebensweise zu übernehmen. Ähnliches lässt sich über die "Mauer" sagen. Während westlich der Grenze das Wirtschaftswunder boomte, zerstörte die sozialistische Planwirtschaft im Osten das vom Krieg ohnehin schon gebeutelte Land.

Doch wiegen die Unterschiede schwerer. Der wesentliche Unterschied liegt nicht, wie man vielleicht meinen möchte, in der zeitlichen Differenz, sondern in der Funktion der Grenzen. Die innerdeutschen Grenze war dazu gedacht, einen unautorisierten Übertritt von beiden Seiten aus komplett zu unterbinden. Es handelt sich hier um eine geschlossene Grenze. Dies war bei der Anlage des Limes nicht das Ziel der Römer.
Hier sollte eine Demarkationslinie geschaffen und gekennzeichnet werden, die den Geltungsbereich der römischen Ordnung anzeigte. In der Regel war aber normaler Grenzverkehr möglich, die Grenze war offen. Trotzdem gab es keine nennenswerte Landesflucht auf die jeweils andere Seite des Limes. Anders bei der geschlossenen "Mauer". Das soziale Gefälle sowie das politische System führten zu massiver Flucht von DDR - Bürgern in die BRD bevor die Mauer gebaut wurde. Sie wurde errichtet, um eine Auswanderung großer Teile der Bevölkerung unmöglich zu machen.

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Schluss

Der Limes, dieses in Europa einzigartige Bauwerk, fasziniert die Menschen noch heute. Sein Aufbau ist in seiner Komplexität seiner Zeit weit voraus. In der gesamten Geschichte Europas wurde nie wieder eine Konstruktion dieser Größenordnung errichtet. Die Menschen des Mittelalters wähnten Riesen oder gar den "Leibhaftigen" hinter seiner Errichtung. So regte er die Fantasien von Generationen an, denn das Wissen über sein Herkunft verlor sich über die Jahrhunderte.
"Und was nicht in Vergessenheit hätte geraten dürfen, ging verloren. Geschichte wurde Legende, Legende wurde Mythos." 3


Die sozialen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Limes prägten das Germanien seiner Zeit. Diese Kulturbarriere wahrte nicht nur Roms Macht und Wohlstand, sondern erregte auf der anderen Seite den Neid und die Habgier der Germanen. Die Besatzer brachten dem römischen Germanien Fortschritt und Innovation in nie gekanntem Ausmaß. Ihr Niedergang brachte aber auch den Niedergang der ganzen Region mit sich. So beeinflusste der Limes Europas und insbesondere Deutschlands Geschichte über viele Jahrhunderte hinweg.

"Wir verstehen, dass Russland seine Grenzen im Westen gegen einen eventuellen neuen deutschen Angriff sichern muss. Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein eiserner Vorhang über den Kontinent gezogen."4

Winston Churchill schildert hier die Situation, die in Europa Mitte des 20. Jahrhunderts herrschte. So wie Russland gegen deutsche, schützte sich das römische Imperium gegen germanische Angriffe durch die Errichtung einer Mauer. Dies ist jedoch eine der wenigen Parallelen zwischen dem Limes und der innerdeutschen Grenze. Die Unterschiede zwischen beiden beginnen schon bei so grundlegenden Aspekten wie ihrer Bestimmung und überwiegen so deutlich, dass man eigentlich kaum von einem Vergleich sprechen kann.

Der Limes war trotz seiner immensen Auswirkungen auf den römisch besetzten Teil Germaniens nur von geringer Bedeutung für den freien Teil. Dieser behielt seine eigene Kultur und Sprache, bediente sich allerdings der römischen Disziplin und Taktik um schlussendlich die römische Besatzung Germaniens zu beenden.
Mit dem Rückzug der Römer an den Rhein und dem Verfall des römischen Reiches endete für Germanien ein Teil seiner Geschichte.

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Links

www.limesmuseum.de
www.hessen-limes.de
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Zitate

1   
Cornelius Tacitus, Germania 29
2    Sextus Julius Frontinus, Strategemata, I 3,10
3    Herr der Ringe "Die Gefährten" von Peter Jackson nach J.R.R. Tolkien, 2001 New Line Productions ,o.O.
4    Rede Winston Churchills, 05.03.1946 in Fulton

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Literaturverzeichnis

Becker, Thomas / Bender, Stephan / Kemkes, Martin / Thiel, Andreas,
Der Limes zwischen Rhein und Donau,
Archäologische Information aus Baden-Württemberg, Heft 44
Herausgegeben vom
Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2002

Ternes, Charles - Marie, Die Römer an Rhein und Mosel, Stuttgart : Philipp
Reclam, 1975

Baatz, Dietwulf, Der Römische Limes, Berlin : Gebr. Mann Verlag, 1975

Baatz, Dietwulf / Riediger, Hans, Römer und Germanen am Limes
Bonn : Moritz Diesterweg, 1967

Irmscher, Johannes, Lexikon der Antike, München : Wilhelm Heyne Verlag, 1962

Warner, K.- F. / Januschke, B. , Staat und Verwaltung in der Antike,
Braunschweig : Georg Westermann Verlag, 1980

La Baume, Peter, Die Römer am Rhein, Bonn : Wilhelm Stollfuss Verlag, o.J.

Bechert, Tilmann, Römisches Germanien zwischen Rhein und Maas, München : Hirmer, 1982

Fischer, Thomas, Die Römer in Deutschland, Stuttgart : Theiss,1999

Pleticha / Schönberger, Die Römer, o.O. : Bertelsmann Lexikon - Verlag, o.J.

Sterzl, Anton, Der Untergang Roms an Rhein und Mosel, Köln : Greven Verlag, 1978

Müller, Helmut M., Schlaglichter der deutschen Geschichte, Mannheim : F.A. Brockhaus Verlag, 2002


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Original Schriftquelle :

Fächerübergreifende Arbeit in der Jahrgansstufe 12 "Der Limes" unter besonder Berücksichtigung der sozialen,wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen und dem Vergleich: Limes - Innerdeutsche Grenze

von Ingo Henneberg, Johanna Horzetzky und Cornelia Hübner
vorgelegt bei Eva Schönemann (Latein) und Richard Kneuper (Geschichte)
an der Integrierten Gesamtschule Bonn-Beuel im Herbst 2003

Digitale Bearbeitung, Webdesign, Layout und Redaktion : Ingo Henneberg

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