Religion und religiöse Vorstellungen im römischen Reich


von Jasmin M. Widauer


Inhalt

1. Allgemeines
2. Götter
3. Synkretismus und Mysterienreligionen



1. Allgemeines


In der römischen Auffassung existierte kein eigener Begriff für Religion im heutigen Sinne. Der lateinische Begriff religio, von dem sich unser Ausdruck Religion herleitet, wurde öfter in der Mehrzahl religiones gebraucht, und bezeichnete nicht eine bestimmte Glaubensrichtung, sondern mehr religiöse Verpflichtungen z.B. Opfervorschriften etc.

Erst in der Spätantike wandelte sich in der frühchristlichen Literatur die Bedeutung von religio, wurde zur Beschreibung nichtchristlicher Kultkomplex benützt; die nichtchristlichen Glaubensinhalte wurden unter dem Namen religio romana zu einem kohärenten System vereinheitlicht, was natürlich keine nach Kriterien der modernen Wissenschaft korrekte Sicht ist und vornehmlich der christlichen Polemik gegen die alten Kulte diente.
Im römischen Reich dürften religiöse Vorstellungen in hellenistischer Tradition als offenes, erweiterbares System empfunden worden sein, was ua die Übernahme von Gottheiten, Mythen und Kulten aus den Provinzen bezeugt.
Religiöse Praktiken wurden im imperium romanum sowohl von öffentlichen Institutionen wie z.B. Priesterkollegien wie im Privatbereich von Familien ausgeübt.

Bekannte Priesterkollegien sind z.B. die pontifices unter dem Oberpriester pontifex maximus (wörtlich "größter Brückenbauer"; hatte ua auch rechtliche Bestimmungsgewalt über die Vestalinnen, war so einflußreich, daß ab Augustus pontifex maximus ein fixer Anteil der Kaisertitulatur wurde – ursprünglich wurde der pontifex maximus gewählt – und der Papst bis heute diesen Titel führt).
Weitere wichtige Priesterkollegien waren die augures und haruspices, die decemviri sacris faciundis, die salii und die Vestalinnen.

Augures und haruspices beschäftigten sich mit Omendeutung d.h. Wahrsagekunst (Mantik) aus Vogelflug, Freßverhalten der heiligen Hühner und Blitz und Donner bzw. Eingeweideschau bei Opfertieren; die Bezeichnung haruspex wurde auch allgemein für Wahrsager und Seher benützt, schon Cicero zweifelte stark an der Sinnhaftigkeit der Opferschau.
Dennoch waren die offiziellen Orakel politisch wichtig, z.B. Caesar wurde vorgeworfen, vor dem Beginn des gallischen Krieges die augurischen Orakel manipuliert zu haben, daß sie einen positiven Ausgang des Feldzugs voraussagten.
Die haruspices bzw. das Prinzip der Eingeweideschau ging auf etruskische Wurzeln zurück, aber auch andere Priesterkollegien hatten sehr alte Ursprünge, was unter anderem Tabuvorstellungen, mit denen gewisse Priesterämter belegt waren, zeigen; so war es z.B. dem flamen dialis, dem Jupiterpriester (ein älterer Name Jupiters lautet diespiter) des alten Priesterkollegiums der flamines verboten, Eisen zu berühren oder zu reiten, was auf eine Entstehungszeit der Kultvorschriften vor der Einführung allgemeinen Eisensgebrauch bzw. des Pferdes schließen läßt.
Das bekannteste Priesterkollegium dürften wohl die Vestalinnen gewesen sein, Priesterinnen der Vesta, die den häuslichen Herd beschützen sollte. Im Vestatempel wurde von den Vestalinnen, die als Kinder ausgewählt und für dreißig Jahre zur Ehelosigkeit verpflichtet wurden, ein ewiges Herdfeuer gehütet. Nach Ablauf ihrer Dienstzeit waren sie frei zu heiraten, allerdings sind Eheschließungen nicht sehr häufig belegt; Vestalinnen besaßen einen sehr hohen rechtlichen Status (unterstanden nur dem pontifex maximus) und diverse Privilegien wie z.B. Ehrensitze im Theater oder bei Gladiatorenspielen.


Im Privatbereich existierten die verschiedensten Formen von Götterverehrung und kultischer Handlungen, das Spektrum erstreckte sich von der Verehrung der lares dh. der vergöttlichten Ahnen bis zu aus heutiger Sicht "abergläubischen" Praktiken wie Liebes- oder Schadenszauber.
Die lares (männlich, weibliche Entsprechung virae), wurden mit den vergötterten Seelen der verstorbenen Verwandten gleichgesetzt, die Schutzfunktionen nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Bereich besaßen.

Die sogenannten lares publici, die Stadtviertel, Dörfer und Städte beschützen sollten, wurden an bestimmten Festtagen z.B. an den Compitalia (in den Städten Mittelitaliens; deshalb wurden die lares auch als lares compitales bezeichnet, speziell, wenn sie Felder und Wegkreuzungen schützen) bzw. den Paganalia (in den Dörfern) verehrt, dazu wurden ihnen an ihren Altären an Wegkreuzungen Opfer wie Kuchen, Knoblauch und Mohnköpfe dargebracht.

Im Privatbereich waren die Larenaltäre lararia in tablinum oder atrium der Häuser zu finden; sie wurden durch kleine Statuetten verkörpert, die ikonographisch an ihrer charakteristischen Kleidung und Ausrüstung (Mantel meist mit flatternden Enden als "Gürtel" um den Körper gewunden, Stiefel, Tanzhaltung, oft Rhyton dh. Weingefäß haltend, mit dem sie in eine flache Opferschale gießen) erkennbar sind, und oft zusammen mit Statuetten des jeweiligen Schutzgeistes (genius) des Hausherrn verehrt werden (erkennbar an Toga und Opferschale).
Ihnen wurden bei familiären Ereignissen wie Geburten, Todesfällen oder Sklavenfreilassungen diverse Opfergaben gebracht, die Bandbreite reicht von Dinkel, Weihrauch, Kränzen über Wein, Kuchen und Honigwaben bis zu blutigen Opfern wie Ferkeln und Lämmern.

In den privaten Bereich religiöser Betätigung fallen ua die Anfertigung sogenannter Fluchtäfelchen; meist aus Blei gefertigt, wurden in sie formelhafte Fluchformeln, in denen eine Gottheit angerufen wurde, die einen Widersacher der verfluchenden Person strafen sollte, eingeritzt und sie wurden anschließend vergraben. Ein bekannter Fundort für unzählige Fluchtäfelchen ist Aquae sulis (heute Bath, Großbritannien), aber sie waren über das ganze imperium verbreitet und beschäftigten sich mit unzähligen Themen z.B. Flüche über Viehdiebe, Rivalen in Liebesdingen, Rivalen von Schauspielern (denen Stimmverlust gewünscht wurde...) etc.

Verschiedene Bevölkerungsgruppen hatten je nach ihrer persönlichen sozialen Position, Beruf, Geschlecht etc eine Art Naheverhältnis zu ganz bestimmten Gottheiten; deren Verehrung dürfte in direkter Vorgängerschaft zum heutigen christlichen Wallfahrts-und Heiligenverehrungswesen stehen. Votivgaben z.B. in Form der zu heilenden Körperteile, aber auch Waffenweihungen (va. Flußfunde von Waffen dürften unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen sein; Waffen wie Dolche oder Schwerter, die immerhin einen gewissen finanziellen Wert besitzen, die in Flußbetten auftauchen, dürften nur in den seltensten Fällen einfach verloren worden sein, viel wahrscheinlicher ist eine Weihung oder Stiftung) oder bestimmte, kultisch festgelegte Opfer wie das Opfern eines Hahns für den Heilgott Aeskulap.

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2. Götter



Die römische Götterwelt setzt sich aus mehreren verschiedenen Elementen zusammen, genuin römischen Gottheiten wie Janus, Vesta, Mars, Quirinus, Saturn und Jupiter (bzw. Diespiter), griechischen Ergänzungen wie z.B. Athene/Minerva, Herakles/Hercules oder Artemis/Diana, wobei auch die italisch-römischen Gottheiten mit griechischen synkretisiert dh gleichgesetzt wurden (Zeus-Jupiter, Hera-Juno etc), allegorisch zu verstehenden Gottheiten wie Stadtgöttinnen (z.B. Roma) oder Verkörperungen von Abstrakta (z.B. Victoria, Fortuna) und GöttInnen, die nach der römischen Expansion in das römischen Pantheon integriert wurden.


Liste der bekanntesten römischen Gottheiten:

A. griechisch-römisch:

- Die kapitolinische Trias, bestehend aus Jupiter, Juno und Minerva: Werden oft nebeneinander auf einem Thron sitzend dargestellt; Jupiter als Wettergott und Göttervater (Attribute Blitzbündel/Donnerkeil, Adler, Eiche), Juno als seine Frau (wie ehrbare römische matrona mit Diadem und Schleier und als Frau des obersten Gottes mit langem Szepter dargestellt) und Minerva als Jupiters Tochter und Göttin der Weisheit (wie griechische Athene mit Rüstung und Schild mit Haupt der Gorgo-Medusa, deren Blick versteinert).

- Apollo und Diana/Artemis: galten als Zwillinge, Kinder des Zeus; Apollo war der Gott der schönen Künste, deshalb als Attribut Kithara und Plektron (Rasselinstrument), aber auch der Heilkunst, schickt mit Pfeilen und befreit von Krankheiten, oft langhaarig dargestellt, immer als Jüngling, leicht feminin; seine Schwester Diana/Artemis dagegen gilt als Beschützerin der Mädchen, als jungfräuliche Jägerin gedacht, ikonographisch an Schuhen oder Stiefeln, Pfeil und Bogen erkennbar.

- Mars/Ares: Kriegsgott, aber im Gegensatz zu Minerva/Athene nicht Gottheit der Strategie und des planvollen Vorgehens, sondern eher Gott der blinden Gewalt

- Venus/Aphrodite: Göttin der Liebe und der Schönheit, oft von Schwan oder Eros begleitet; sie wird ua. als Venus genetrix verehrt, was auf ihre Funktion als Stammutter der Römer und im speziellen des julisch-claudischen Kaiserhauses hindeutet ( vgl. Vergil, Aeneis – Venus als Mutter des aus Troia geflohenen Aeneas, der Alba Longa als Vorgängerstadt Roms gründet). Venus gilt als Ehefrau des Vulkan/Hephaistos (Gott der Schmiede und des Handwerks), betrügt ihn aber ständig, ua. mit Mars/Ares, deshalb gibt es eine Darstellungsart der Venus auf Waffenhaufen und mit Schild, den sie als Spiegel benützt (
siehe Victoria).

- Mercur/Hermes: Götterbote und Gott der Händler und Diebe; erkennbar an Flügelhut/Geldsack und Kerykeion (Hirtenstab) in den Händen

- Bacchus/Dionysos: Gott des Weines, des Exzess und der Ekstase; kultisch von Satyrn und Mänaden begleitet,
siehe auch Synkretismus und Mysterienkulte

- Saturn/Kronos: alter Vegetationsgott, wird mit dem goldenen Zeitalter und den dort herrschenden schlaraffenlandähnlichen Zuständen verbunden, daher Darstellung mit Sichel; Kronos ist aber auch im Mythos der Vater der olympischen Götter, der seine Kinder (bis auf Zeus) frißt und von Zeus besiegt wird.

- Luna/Selene: Mondgöttin, wird mit ihrem Geliebten Endymion verbunden, ikonographisch mit wie Segel (velum) benutztem Mantel dargestellt, hat oft Mondsichel am Kopf


B. nach Eroberungen eingeführt:

- Kybele: siehe Synkretismus und Mysterienkulte

- Gallische Muttergottheiten: sogenannte matronae, treten vor allem in gallischen und germanischen Provinzen auf, werden sitzend dargestellt; typische Bekleidung mit Schleier, Mantel und langem Kleid, oft mit Feldfrüchten und/oder Kindern am Schoß, treten auch in Dreiergruppen auf.

- Epona: gallische Pferdegöttin, als Pferd oder auf Pferd sitzende Frau dargestellt; aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet Gallien in weite Teile des imperium romanum gebracht, beschützt Pferde und Reiter, seltener als Beschützerin der gesamten häuslichen Sphäre gesehen.

- Mithras: siehe Synkretismus und Mysterienkulte

- Jupiter Dolichenus/Baal von Dolichene: siehe Synkretismus und Mysterienkulte

- Isis: ikonographisch erkennbar an Steuerruder, Plektron (eine Art Rassel) und Knoten im Kleid;
siehe Synkretismus und Mysterienkulte


C. Allegorien:

- Victoria: Verkörperung des Sieges, deshalb oft auf Weltkugel stehend; ist ikonographisch leicht mit Venus zu verwechseln, da sie oft mit von der Schulter rutschendem Kleid und auf Waffenhaufen stehend oder sitzend dargestellt wird bzw. oft mit Schild in der Hand, den man mit einem Spiegel verwechseln kann; allerdings ist sie oft geflügelt und wenn sie einen Schild hält, dann schreibt sie mit einem Griffel darauf und kann so eindeutig von Venus unterschieden werden.

- Fortuna/Tyche: Schicksals- und Glücksgöttin, oft mit Isis als Isis Fortuna verschmolzen (dann Darstellung mit Steuerruder und Plektron – das Steuerruder bzw. -rad verselbstständigte sich in der mittelalterlichen Ikonographie zum Glücksrad), in Rom in vielen Ausprägungen verehrt z.B. Fortuna equestris, Fortuna publica, Fortuna plebeia, galt als Verkörperung des wechselhaften Schicksals, eigene Attribute Füllhorn und Opferschale.

- Göttinnen, die Städte, Legionslager etc. verkörpern und beschützen: dargestellt wie Fortuna/Tyche, aber erkennbar an Mauerkrone (wie Kybele) und an typischen Attributen z.B. sitzt die Tyche von Antiocheia auf einer Figur des Fluß Orontes, die Tyche der römischen Hafenstadt Ostia hat Steuerruder etc;

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3. Synkretismus und Mysterienkulte



Zwei besondere Phänomene antiker Gläubigkeit im Allgemeinen und römischer im Speziellen sind Synkretismus und Mysterienkulte.
Synkretismus, im konkreten Fall Kontaktsynkretismus, bezeichnet die Geisteshaltung, durch die Gottheiten oder religiöse Systeme in das eigene religiöse System eingegliedert werden können.
Das kann unter anderem die Gleichsetzung zweier Gottheiten bedeuten z.B. Hera (griechisch) – Juno (römisch), Dionysos (griechisch) – Osiris (ägyptisch), Sulis (keltisch) – Minerva (römisch), wobei die Grundannahme darin besteht, daß Gottheiten aus unterschiedlichen Herkunftsregionen mit ähnlichen "Aufgabengebieten" und oft ähnlichen Attributen im Grunde dieselbe Gottheit mit anderem Namen sind; das zeigt sich ua darin, daß oft Doppelnamen gebräuchlich werden, die die Gleichsetzung verdeutlichen z.B. Isis Fortuna, Fortuna Tyche etc.
Dieses Phänomen ist eng verknüpft mit den theologischen Spekulationen gebildeter Gelehrter des Hellenismus, aber auch mit der römischen Eroberung, die eine Umdeutung und Aufnahme lokaler Gottheiten in das römische Pantheon mit sich brachte.

Unter Synkretismus ist aber auch die Übernahme ganzer Religionssysteme wie z.B. der Mithrasreligion oder der Verehrung des Baal bzw. Jupiter von Dolichene (aus Syrien stammend, vor allem von Soldaten verehrt, Hochblüte des Kultes ~ 200 n. Chr.; ikonographisch leicht erkennbar, da er auf einem Stier steht, sehr oft gerüstet ist und eine Doppelaxt in der Hand hält bzw. Donnerkeil und Blitzbündel als typisches Jupiterattribut; wird kultisch von Juno regina = Juni die Königin begleitet) zu verstehen, oder die Zusammenfassung verschiedener Gottheiten zu einer, eine Entwicklung, die z.B. in Bezug auf die ägyptische Isis in römischer Zeit faßbar ist (vgl dazu Apuleius – "Isis una quae est omnia" dh Isis ist eine, die alles ist).
Darin zeigt sich der Ansatz zum sogenannten Hochgottglauben, der der direkte Vorläufer des Monotheismus ist, der sich in der Antike bei Juden- und Christentum entwickelte.
Ebenfalls Ansätze, das große antike Götterpantheon zu hierarchisieren und bestimmte Gottheiten als relevanter zu beurteilen als andere, finden sich in den sogenannten Mysterienkulten der griechisch-römischen Welt.

Mysterienkulte sind geschlossene Kultkategorien unter Geheimhaltung, die bedingt, daß Anhänger, die sogenannten Mysten, in einer Art von Initiationritus eingeweiht werden mußten, was im Gegensatz zu der "offenen" Götterverehrung der sonst üblichen religiösen Systeme steht.
Die lateinischen termini für solche Ritenkomplexe in Bezug auf spezielle Gottheiten sind z.B. das griechische Lehnwort mysteria, aber auch teleta oder initia (wö Anfänge – vergleichbar mit dem heutigen Begriff Initiation).

Die Geheimhaltung, die sehr strikt vertreten wurde, verursachte natürlich Mißtrauen und Spekulationen gegenüber der religiösen Betätigung von Anhängern von Mysterienkulten; die römischen Behörden griffen oft hart gegen sie durch z.B. 186 v. Chr. gegen die Bacchus- dh. Dionysosverehrer in Rom, auch die Isisreligion war in Rom zwar sehr beliebt, galt aber zur gleichen Zeit auch als äußerst berüchtigt...

Aufnahmeriten stellten ein zentrales Element der Mysterienkulte dar, es wurden oft verschiedene Stufen unterschieden z.B. sieben verschiedene Stufen im Mithraskult; derartige Aufnahmriten umfaßten oft kultische Gebräuche wie rituelles Fasten, Speisetabus, Waschungen (Ursprung der christliche Taufe), neue, oft spezielle Kleidung (z.B. weiße Leinenkleidung im Isiskult) o.ä.

Mysterienkulte versprachen ihren Anhängern oft dies- und jenseitiges Glück, meistens mit einem Übergewicht der positiven Hoffnungen für das Jenseits, worauf sehr viele, oft komplizierte und ausgefeilte Grabriten schließen lassen, weisen oft einen sehr starken Erlöserglauben auf.
Nach diesen Merkmalen muß auch das frühe Christentum als Mysterienkult begriffen werden.

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Für die römische Welt wichtigste Mysterienreligionen:


- die eleusinischen Mysterien: In Eleusis (20 Kilometer westlich von Athen) ist die Verehrung der Getreide-und Fruchtbarkeitsgöttin Demeter (römisch Ceres) seit dem 8. Jhd. v. Chr. archäologisch, seit dem 7. Jhd. literarisch bezeugt, im Laufe des 6. Jhd. überregionale und überhellenische Bedeutung; wichtige römische Anhänger z.B. Cicero, Atticus, Appius Claudius, ev. auch Sulla

- Mysterien von Samothrake: sehr kompliziertes theologisches System mit schwer faßbaren Gottheiten; ev. Verehrung der Demeter, Persephone und des Hades und Hermes unter eigenen Namen, aber es sind auch andere Mythen greifbar, die damit in Verbindung stehen.

- Mysterien des Dionysos: seit dem frühen 5. Jhd. v. Chr. faßbar, von Wanderpriestern getragen dh. örtlich ungebunden; erfuhren in Rom sehr starker Zulauf, Initiationsriten sind ikonographisch faßbar z.B. auf Stuckbildern in der Villa Farnese und den Fresken der Villa dei Misteri in Pompeii

- Kybelekult: die ursprünglich kleinasiatische Muttergöttin wurde in Rom auch magna mater genannt (große Mutter), und wurde in römischer Zeit mit dem jugendlichen Gott Attis verbunden, der als ihr Begleiter galt. Ihr Kult wurde 204 v. Chr. in Rom eingeführt, und war bis in die frühe Kaiserzeit rein stadtrömisch mit dem einzigen Hauptfest der ludes megalenses; aber ab Kaiser Claudius vor dem Hintergrund des Attismythos wurde ein Festzyklos eingerichtet, der bis ins vierte Jahrhundert nach Christus existierte. Besonder aufsehenerregend war die Kybeleverehrung wegen der rituellen Selbstkastration ihrer Priester, der sogenannten galli.

- Mithras: Die Verehrung des ursprünglich persischen Lichtgottes Mithras, der im Avesta, der persischen heiligen Schrift des Zoroastrismus, auftaucht, wurde, obwohl 68 v. Chr. von Piraten nach Rom gebracht, im römischen Reich vorallem von Legionären getragen, die den Kult über das ganze imperium verbreiteten. Mithras wird in sogenannter asiatischer Tracht dargestellt, mit Hosen und phrygischer Mütze, während er den Stier tötet, der das Böse verkörpert. Er wird anscheinend nur von Männern verehrt, bis heute wurde keine Gemeindeliste gefunden, auf der Frauennamen auftauchen würden; seine Verehrung erfolgt in Mithräen, Höhlenheiligtümer (in Gebäuden wurde der kultisch bedeutsame Raum zumindest einer Höhle nachempfunden), deren Gestaltung mit Liegemöglichkeiten für das gemeinsame kultische Mahl und Darstellung des stiertötenden Mithras, der oft mit Helios bzw. Sol, dem Sonnengott assoziiert, stark einheitlich ist.
Der Mithraskult war wohl der stärkste Konkurrent des frühen Christentums, und hatte einen immensen Einfluß darauf; so liegen etwa viele christliche Inhalte und Traditionen wie z.B. Nächstenliebe, Kommunion, Taufe und das Datum von Weihnachten (25. Dezember als der ursprüngliche Geburtstag des mit Mithras assoziierten Sonnengottes Sol) in den kultischen Gebräuchen der Mithrasverehrung begründet. Allerdings wurde die Anbetung von Mithras vor allem vom Heer getragen, und mit dem beginnenden Auflösungsprozeß des römischen Militärs ab dem vierten Jahrhundert verlor die Mithrasreligion immer mehr an Bedeutung.


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