Das Getreide der Römer

Eine wissenschaftliche Exkursion

Wir wollen uns hier kurz einen Überblick über die Getreidesorten machen, die zur Zeit Roms nachweißlich angebaut wurden, dabei wollen wir aber nicht zu sehr ins Detail gehen, wer mehr darüber wissen will, sollte sich entsprechende Fachlektüre dazu besorgen...

GetreideGetreide und das daraus gebackene Brot, Suppen oder Brei stellten seit der Sesshaftwerdung des Menschen eine der Hauptnahrungsmittel schlechthin dar. Getreide war billig, während beispielsweise Fleisch für einen Grossteil der Bevölkerung ein Luxus blieb und Obst und Gemüse nicht immer frisch verfügbar waren.
Getreide lässt sich relativ einfach kultivieren und ist im getrockneten Zustand fast unbegrenzt haltbar, sehr nahrhaft und kann vielseitig verwendet werden. Dies machte es zur wichtigsten Feld- und Kulturpflanze überhaupt. Vor zweitausend Jahren hatten sich aus einstigen Wildgräsern schon die Vorformen unserer heutigen Getreidezüchtungen herausgebildet, die auch gegenwärtig noch in abgelegenen Regionen angebaut werden und sich wieder steigernder Beliebtheit erfreuen, wie etwa der Dinkel.

Hand im GetreidefeldWenn wir uns heute ausgedehnte Felder von goldgelben Getreide vorstellen, wie wir als bekanntes Beispiel im Film Gladiator vor Augen geführt bekommen, so vergessen wir vielleicht, dass zu Zeiten Roms Kunstdünger und Herbizide unbekannt waren oder modernes Hochzucht-Getreide. Die Felder waren auch nicht so riesig, da sie schließlich von Hand gemäht werden mussten (wobei billige Arbeitskräfte bzw. Sklaven natürlich reichlich zur Verfügung standen).
Des Weiteren sahen die Felder auch ganz anders aus:
Monokulturen wurden zwar auch damals angebaut, aber die Felder waren durchsetzt von Unkräutern und anderen Pflanzen, die es sich dort bequem gemacht hatten.

GetreidemühleWir kennen heute noch Klatschmohn und Kornblume als Ackerbegleiter, die heute weitreichend aus dem Bild der Landschaft verschwunden sind. Diese diversen Gräser und Kräuter wurden oft aus Versehen mitgeerntet und mussten danach mühsam aus dem Dreschgut herausgesiebt, bzw. gelesen werden. Nicht selten war dann neben dem Sand der Mühlsteine, der zu erheblichem Zahnverschleiß führen konnte, auch das eine oder andere Unkrautkorn mitverbacken, wenn auch selten in einem größeren Prozentsatz. Somit unterschied sich schon das Endprodukt Brot bedeutend von unseren heutigen Vorstellungen, dass es aber besser schmeckte als Industriebrötchen darf zweifellos angenommen werden.
Wir dürfen auch nicht aus den Augen lassen, dass ursprünglich die Römer kein Brot kannten, und starke Breiesser waren, das Getreide also geschrotet und gemahlen zu einem dicken Brei gekocht wurde, welches entweder pur oder gewürzt, deftig oder süß gegessen wurde.


Dieser Breikult lebt u.a. in der heutigen Polenta der Italiener fort (von Puls, lat."Brei"), die jedoch meist aus Maisgrieß besteht, der damals freilich unbekannt war. Erst durch den Einfluss Griechenlands kam die Mode des Brotbackens zu den Römern, welche die Griechen einst abfällig als "Breiesser" bezeichneten.

Wir wollen uns aber mehr auf die Getreideformen selbst konzentrieren:
Im Römischen Reich wurden Weizen, Gerste und Hirse angebaut, während Roggen und Hafer erst im Mittelalter zu Feldpflanzen wurden, vielleicht aber schon als "Unkräuter" vereinzelt auftraten, der Reis war spätestens ab dem 2. Jahrhundert als Luxusware aus dem fernen Osten bekannt, wurde aber nicht angebaut und spielte in der Ernährung keine Rolle, wie auch die Bedeutung der Hirse gering war.


ZwergweizenDer Weizen war das wichtigste Brotgetreide, wobei nicht eine Weizensorte angebaut wurde, sondern es viele verschiedene Sorten gab, die sogar schon regional unterschiedlich sein konnten. Die verschiedenen Formen von Getreide entstanden dabei durch Selektion, Mutation oder Kreuzungen innerhalb von Kulturformen oder mit wilden Gräsern.
Eine planmäßige Züchtung auf Versuchsfeldern nach heutiger Art, hat es dabei nicht gegeben. Formen mit positiveren Merkmalen wurden mehr zufällig entdeckt, selektiert und beim nächsten Mal ausgesät, bzw. dem Saatgut zugegeben, bis irgendwann, nach vielen Generationen der Selektion, der Großteil der Pflanzen dieses Merkmal hatte.
Die Getreideformen waren auch wesentlich höher im Wuchse, denn das Stroh wurde als Tierfutter oder zum Korbflechten benötigt, damit hier nur einiges genannt werde.
Kurzhalmiges Getreide ist erst heute für die Mähdrescherernte und wegen der geringeren Nachfrage von Stroh als Futter oder Stallausstreuung gezüchtet worden. Kurze Halme sind auch weniger anfällig für Windbruch und tragen die großen Ähren besser.


Der Dinkel Triticum spelta ist uns heute bekannt als Alternative zum Saatweizen Triticum aestivum. Es gibt keine wilden Dinkelformen, sie sind nur in Kultur bekannt. Der Dinkel, oder auch Spelz genannt, hat einen sehr festen Spelzenschluss, bei ihm sind also die Spelzen nur schwer zu entfernen, so dass beim Dreschen die Ähre in die Ährchen mit den anhängenden Teilen der Ährenachse, den sogenannten Vesen zerfällt. Diese wurden erst durch das Mahlen und Sieben entfernt; "der Spreu wurde vom Weizen getrennt".
Der Dinkel ist meist sechszeilig, d.h. die Ähre besteht aus sechs vertikalen Reihen, drei auf jeder Seite, von Körnern (wie der Saatweizen). Neben dem klassischen Dinkel, gab es noch den, ebenfalls sechszeiligen, Zwergweizen Triticum compactum, der schon an heutigen Saatweizen erinnert, aber eine sehr gedrungene, zwergenhafte Ährenform aufweist. Es handelt sich dabei um einen Nacktweizen; das Korn sitzt also -ganz anders als beim Dinkel-, locker in den Spelzen, fällt beim Dreschen einfach heraus und kann direkt gemahlen werden, hat aber keinen so hohen Nährwert wie der Dinkel.


EmmerDer Emmer Triticum dicoccon ist eine primitivere Weizenform (und die wichtigste antike Getreidesorte), die meist Grannen hat welche uns eher an Gerste erinnern ließen, wobei angemerkt sein soll, dass die Unterscheidung der Getreidesorten nach der Länge oder Form der Grannen unzulässig ist, da es z.B. auch moderne Saatweizenformen mit Grannen gibt oder Gerste ohne solche
Der Emmer hat 4 Zeilen und ist ebenfalls nur kultiviert bekannt, ist aber vom wildem Emmer Triticum dicoccoides ableitbar. Neben den bespelzten Formen umfasst diese Reihe auch einige Nacktweizen (siehe Zwergweizen), wie etwa der Hartweizen Triticum durum, der ebenfalls nur in Kultur bekannt ist. Beim Hartweizen, der auch Glasweizen genannt wird, sind die Körner nicht mehlig sondern glasig, was auf einen hohen Anteil an Kleber zurückzuführen ist, und der heute für Nudeln und Teigwaren genutzt wird. Brot aus Hartweizen ist sehr schwer und fest aber überaus nahrhaft und wohlschmeckend.


EinkornManchmal wurde eine noch ältere, bespelzte Weizensorte, das Einkorn Triticum monococcum angebaut, das sehr kleine, zweizeilige Ähren besitzt. Das Einkorn ist zwar nur kultiviert bekannt, aber sehr nahe Verwand mit dem wilden Einkorn Triticum boeoticum, wovon es sich vor allem durch seine bei der Reife brüchig werdende Ährenachse unterscheidet.
Die Ähre zerbricht also sehr leicht, wenn sie reif ist, was in der Natur vorteilhaft, in der Kultur jedoch zu hohen Ernteverlusten führen würde. Desweiteren sind die Körner etwas größer. Diese beiden Eigenarten unterscheiden alle Kulturformen des Getreides (Gerste, Weizen) von wilden Vertretern, sofern sich solche nachweisen lassen. Einkornbrot hat übrigens einen etwas nussigen Geschmack.


zweizeilige GersteBei der Gerste Hordeum vulgare, die von der Wildform Hordeum spontaneum herrührt, gab es zur Zeit der Römer sowohl noch die urigste Form mit zwei Zeilen, als auch die moderneren Selektionen mit vier oder sogar sechs Zeilen.
Gerste lässt, wenn sie reif ist, den Kopf hängen und ist somit leichter zu unterscheiden, zudem besitzt die Urform sehr lange Grannen.
Die Gerste wurde als Cerealie (von Ceres, der römischen Göttin der Landwirtschaft und der Feldfrüchte) für Brei, Graupen und Grützen schon vor dem Weizen verwendet, da sie sich wegen ihres geringen Klebergehaltes schlecht zum Backen eignet (höchstens im Gemisch mit Weizen). In der Folge Zeit ging man immer mehr zum Weizen über und Gerste galt als Getreide zweiter Klasse, es wurde in erster Linie als Viehfutter verwendet. In der römischen Armee wurde spätestens in der Kaiserzeit als Strafe Gerste statt Weizen an die Soldaten ausgegeben, man wurde auf "Gerste gesetzt".

Gerste als Biergrundstoff:

Die Verwendung für Bier ist zweifellos wichtig zu nennen, wenn auch die Römer von den Provinzen einmal abgesehen keine sonderlichen Biertrinker waren. Ebenfalls soll noch angemerkt werden, dass sich antikes Bier von heutigen extrem unterscheidet, denn man buk aus dem Getreide dünne Brotfladen, die dann mit Wasser vermischt und vergoren wurden: Durch das Backen waren Teile der Stärke in Zucker umgewandelt worden, die dann zu wenigen Alkoholprozenten führten, welche das Bier nur kurz haltbar machen konnten. Dieses Bier wurde dann gesiebt, gewürzt und, mit Honig gesüsst, getrunken, z.B. durch Strohhalme, was uns zumindest aus Ägypten überliefert ist. Hopfen und Malz sind wohl erst in der Spätantike bzw. Mittelalter Bierzutat geworden.

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